Dossier

Das Polonium-Problem Wohin mit der Matratze?

Die Liste der Gegenstände, an denen Dimitri Kowtun Polonium hinterlassen hat, ist lang. Doch mit der Entsorgung der Hinterlassenschaften der Schlüsselfigur beim Gifttod des Ex-Agenten Alexander Litwinenko tun sich die Behörden offensichtlich schwer. Beispielhaft sei die Matratze erwähnt, auf der Kowtun bei einem Freund in der Kieler Straße in Hamburg schlief. "Die kontaminierte Matratze wird ordnungsgemäß entsorgt", sagte der Leiter der Hamburger Gesundheitsbehörde, Norbert Lettau. Was "ordnungsgemäß" bedeutet, wollte er allerdings nicht sagen.

Dabei ist die Aufsicht schwach und mittelstark strahlender Stoffe Ländersache. Nach dem Atomgesetz ist Hamburg verpflichtet, eine Sammelstelle für im Land anfallende radioaktive Abfälle zu unterhalten. Mit der Lagerung beauftragt worden ist das GKSS-Forschungszentrum in Geesthacht. "Wir haben bisher nichts damit zu tun", sagt aber ein Sprecher zum Hamburger Polonium-Müll.

Schließlich muss die Ablieferung der Abfälle erst beim Amt für Arbeitsschutz der Gesundheitsbehörde beantragt werden. Dort ist Geesthacht schon fast in Vergessenheit geraten. "Es kommt seltenst bis gar nicht vor, dass dort etwas hingebracht wird", sagt Horst Engelhardt vom Referat für Strahlenschutz, das die Wohnungen mit verstrahlten Gegenständen in der Erzbergerstraße und in der Kieler Straße am Mittwoch übernommen hat. Ein verstrahlter Kubikmeter würde 15 Euro Gebühren kosten, mindestens aber würden 150 Euro kassiert.

Etwas anders sieht es etwa in Niedersachsen aus. Dort beträgt die Übernahmegebühr für ein Kilogramm festen und brennbaren Abfall rund 70 Euro, ist ganz einfach auf der Homepage der Sammelstelle nachzulesen. Für eine verstrahlte Matratze mit 20 Kilogramm Gewicht wären dort also 1.400 Euro fällig.

Doch Niedersachsen ist nicht Hamburg, und jedes Land ist selbst für seinen Atommüll verantwortlich. Weil bei der Entsorgung das Verursacherprinzip gilt, könnte sich Hamburg seine Unkosten vom Verantwortlichen für die Polonium-Verschmutzungen zurückholen. Unklar ist aber nur, wer der Verursacher ist. Und sollte es Kowtun sein, sitzt der erst einmal auf unabsehbare Zeit in Moskau.

Beweise für das Polonium wird es in relativ kurzer Zeit sowieso nicht mehr geben. "Nach zehn Halbwertszeiten zerfällt das Element zu stabilem Blei", erklärt Klaus Gompper vom Institut für Nukleare Entsorgung am Forschungszentrum Karlsruhe. Bei einer Halbwertszeit von 138 Tagen wäre das in knapp vier Jahren.

(Dirk Averesch, dpa)

Quelle: ntv.de

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