Dossier

Gruppenbild mit Dame Ypsilantis Männerunde

Wenn wir sprechen Seit' an Seit'? Die hessische SPD ärgert sich über das Interesse von Videoguckern an der Siegesrede ihrer Landeschefin Andrea Ypsilanti. Am Abend der Hessen-Wahl jubelte Ypsilanti im überfüllten Fraktionssaal des Landtags: "Die Sozialdemokratie ist wieder da." Neben der Kandidatin steht ihr Lebensgefährte Klaus-Dieter Stork und scheint Wort für Wort mitzusprechen, wie Fernsehbilder zeigen.

Braucht die mögliche neue Ministerpräsidentin einen Einflüsterer? fragten Medien. Von einem "fleischgewordenen Teleprompter" sprach die "Bild"-Zeitung. Bei der Internet-Videobörse "Youtube" wird der Kurzausschnitt auch gelassener kommentiert. "Sie werden es zu Hause einstudiert haben. Das ist nicht verboten", schreibt ein Nutzer. Aus Sicht der SPD war es nicht mal das. Ypsilanti habe bei mehr als 300 Wahlkampfauftritten gesprochen, sie brauche keine Hilfe beim Reden, sagt Gert-Uwe Mende, Geschäftsführer der SPD-Fraktion im Landtag.

Selbst wenn es Hilfe war: Auch Ministerpräsident Roland Koch (CDU) und andere Spitzenpolitiker verlassen sich bei ihren Auftritten nicht nur auf sich selbst. Koch ist ein glänzender freier Redner, kennt seinen Stoff auswendig. Trotzdem denkt anderthalb Schritte im Hintergrund sein Sprecher Dirk Metz ständig mit, liefert halblaut Stichworte, schreibt Notizen, schickt manchmal eine SMS.

Großfamilie im Reihenhaus

Dass Koch seine Frau Anke auch um politischen Rat fragt, ist bekannt. Er nehme ihre Einwände ernst, sagte der Regierungschef im vergangenen Sommer der Illustrierten "Bunte": "Weil es bei mir aus jahrzehntelang gewachsener Erfahrung einen Grundverdacht gibt, dass sie nicht ganz falsch liegen könnte."

Ähnlich sehen SPD-Genossen das Familien- und Diskussionsleben ihrer Vorsitzenden mit einem politisch engagierten Partner. "Die sind ein ganz normales Paar, die reden miteinander", sagt der Vorsitzende des SPD-Bezirks Hessen Süd, Gernot Grumbach.

Stork (45) und Ypsilanti (50) lernten sich bei den Jusos kennen, als die Jungpolitikerin noch mit einem Griechen verheiratet war. Erst lange nach der Scheidung wurden sie 1992 ein Paar. Ihr Sohn ist zwölf Jahre alt. Gemeinsam mit einem weiteren Paar mit zwei Kindern leben sie als Großfamilie in einem Reihenhaus am Frankfurter Stadtrand. Stork arbeitet seit 2001 aus Kulturmanager der Stadt Hanau. Keine Heirat? "Das überlasse ich ganz meiner Frau", sagte Stork der "Bild" vor der Wahl. "Aber wir leben sehr schön, auch ohne Schein."

Auf langen Wahlkampf gesetzt

Mit dem Wahlkampf habe Stork nicht viel zu tun gehabt, heißt es. Für Ypsilantis erfolgreiche Kampagne, die Koch an den Rand des Machtverlusts brachte, brachte sie eine andere Männerrunde zusammen. Mende, Grumbach und der SPD-Chef von Nordhessen, Manfred Schaub, gehörten dazu. Planung und Koordination lagen bei dem scharfzüngigen Generalsekretär Norbert Schmitt. Die Pressekontakte der Spitzenkandidatin organisierte Parteisprecher Frank Steibli, früher Sprecher der Gewerkschaft ver.di in Hessen war.

"Wir hatten von Anfang an einen strategisch geplanten Wahlkampf", sagt Mende, der für die schnelle Reaktion auf Vorstöße des Regierungslagers zuständig war. Anders als die CDU habe die SPD von vornherein auf einen langen Wahlkampf gesetzt, erläutert Grumbach. Ypsilanti tourte seit Sommer durch Hessen, um ihre Themen neue Energie und Bildung zu verankern. Dazu sei dann das Thema Mindestlohn gekommen.

Kochs Vorwurf vom Wahlabend, er sei Opfer einer Hetzkampagne geworden, weist Grumbach zurück. Die SPD habe eine "spöttische, aber nicht aggressive" Auseinandersetzung geführt. Der Erfolg gibt dem Gruppenbild mit Dame recht: Ypsilanti klopft an die Tür zur Staatskanzlei.

Von Friedemann Kohler, dpa

Quelle: ntv.de

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