Kommentare

Der Kommentar Auf dem Abstellgleis

Der Ablauf von Parteitagen folgt seiner eigenen Unlogik. Die Verlängerung der Zahlung von Arbeitslosengeld, die beispielhaft für den Kurs weg von der Agenda 2010 steht, beschloss der SPD-Parteitag ohne Debatte. Dabei hatte er der Agenda von vier Jahren mit rund 90 Prozent der Stimmen zugestimmt. Über die Teilprivatisierung der Bahn debattierte er ausdauernd und heftig. Der Parteivorsitzende Kurt Beck musste die Notbremse ziehen, um mit einem Kompromiss, der keiner ist, die totale Niederlage des Vorstands und des Verkehrsministers zu verbrämen.

Es fehlte nicht viel und der Parteitag hätte den Börsengang der Bahn rundheraus abgelehnt, obwohl die Teilprivatisierung im Koalitionsvertrag vorgesehen, von der Parteiführung unterstützt und vom Verkehrsminister in einem Gesetzesentwurf vorbereitet worden ist. Nun hat die SPD die Teilprivatisierung mit der Forderung nach Einführung stimmrechtsloser Vorzugaktien verbunden, wodurch der Einfluss des Bundes auf die Bahn gesichert werden soll. Dies soll nicht ausdrücklich conditio sine qua non sein, wie es ein Antrag forderte hatte. Aber die zweimalige Intervention von Beck sorgte nur dafür, dass die Bedingung verschleiert wurde. Wenn die Union die Vorzugsaktie ablehnt, wird die SPD nochmals beraten, letztlich auf einem neuen Parteitag entscheiden. Die Ablehnung der Union ist so gut wie sicher. Der Zug der Privatisierung steht auf dem Abstellgleis

Die Dialektik der Politik mag indessen dazu führen, dass dieses Scheitern Gutes bewirkt. Weil der untaugliche Gesetzesentwurf aus dem Hause Tiefensee erledigt ist, wird die Politik gezwungen, von vorne anzufangen und ein neues Privatisierungsmodell zu entwickeln. Mit der SPD wird dies allerdings kaum möglich sein, obwohl sie auf diesem Parteitag bewiesen hat, dass sie sich von früheren Beschlüssen zu verabschieden vermag.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen