Zwischenruf Aus Sonntags- werden Montagsmaler
23.09.2009, 13:32 Uhr
Häufig klingt das in der Speisekarte besser ...
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Es ist ein wenig so wie in der einst so beliebten Fernsehshow: Die einen zeichnen etwas an die Wand - und die anderen müssen raten, was gemeint ist.
Steuersenkungen versprechen CSU und FDP, die CDU hält sich zurück. CDU und CSU haben ein gemeinsames Wahlprogramm, und trotzdem präsentiert die Seehofer/Guttenberg-Partei ein eigenes 100-Tage-Sofortprogramm. Halt, stopp: Es war die Ramsauer-Aigner-Dobrindt-Partei, die in München Versprechen abgab, mit denen – wenn’s nach dem Urnengang zum Schwur kommen sollte - weder Parteichef noch Wirtschaftsminister etwas zu tun haben wollen.
Union und SPD beharken einander, aber sie tun es mit diesen Rasen schonenden Plastikrechen, damit die Verletzungen im Falle einer immer wahrscheinlicher werdenden Neuauflage der Großen Koalition nicht einer längeren Heilungsphase bedürfen. Die Merkel-Partei verliert dabei leicht, die von Steinmeier gewinnt leicht hinzu. Zugleich schwindet der Abstand der beiden Spitzenkandidaten im direkten Vergleich. Das hat mit der Beliebigkeit der Bundeskanzlerin zu tun. Mal vorsichtig wirtschaftsliberal, dann wieder sozial, sagt sie im Grunde genommen, sie wolle das Gleiche machen wie die SPD, eben nur sehr viel besser. Davon profitieren die Freien Demokraten. Doch was dem einen die Eule ist, ist in diesem Fall nicht des anderen Nachtigall, sondern der Pleitegeier. Schwarz-Gelb steht erstmals deutlich auf der Kippe.
Hartz IV als Last
Steinmeier zeigt, dass er ein guter Hausherr im Kanzleramt wäre, aber kaum die Kraft mehr hat, dort hinein gewählt zu werden. Soziale Akzente, die seine SPD mit der Agenda- und Hartz-IV-Last auf dem Buckel in den Regierungsjahren nur sehr zurückhaltend setzte, werden stärker. Das überzeugt manchen (einstigen) Stammwähler, dass das S im Parteikürzel doch von Gewicht ist. Die immer geringere Rolle des C bei der CDU hingegen wird nicht nur vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, beklagt. Die Papst-Kritik der (ostdeutschen) Protestantin haben Angela Merkel viele (westdeutsche) Katholiken nicht verziehen. Bis zum 27. sind also die Sonntagsmaler gefragt. Tags darauf kommen die Montagsmaler, die dann von "Arbeitsmarktflexibilisierung", "Gürtel enger schnallen" "Motivierung der Leistungsträger" und "Haushaltslöcher stopfen" sprechen. Das Komische wird nur sein, dass die Montagsmaler ein paar Stunden davor noch die Sonntagsmaler waren.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de