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Der Kommentar Bayern wird deutscher

Bayern war einzig in Deutschland. In keinem Land hatte eine Partei 42 Jahre lang allein regiert. In keinem Land hatte eine Partei seit 38 Jahren die absolute Mehrheit der Wählerstimmen. Mit dieser Wahl hat sich Bayern der bundesdeutschen Normalität angenähert. Das Land wird von einer Koalitionsregierung regiert werden. Die Wähler wollten die Alleinregierung der Christlich sozialen Union nicht mehr. Sie wollten den Wechsel, den aber nicht zu sehr.

Die CSU hat weitaus stärker verloren, als irgendjemand erwartet hatte, und das schlechteste Ergebnis seit 54 Jahren eingefahren. Aber der Erfolg von FDP und Freien Wählern hat dafür gesorgt, dass die bürgerlichen Parteien zusammen etwa den Stimmenanteil gewonnen haben, den die CSU bei der vorangegangenen Wahl allein eingefahren hatte.

Ewige Staatspartei

Die Gründe werden noch zu analysieren sein, insbesondere die Gründe für die extremen Verluste der CSU bei jungen Wählern. Viel hat sich die CSU der Hochnäsigkeit zuzuschreiben, mit der sie sich als ewige Staatspartei gerierte.

Eine Serie von Pannen und Pleiten ruinierte zudem den Ruf der Regierenden als vorzügliche Administratoren des Bayernlandes. Transrapid, Rauchverbot, überstürzte Einführung des achtjährigen Gymnasiums, Landesbank sind Stichworte. Einflüsse aus fünf Jahren hätten sich ausgewirkt, sagte der CSU-Vorsitzende Erwin Huber, womit er leise aber hörbar darauf hinwies, dass er einiges auch dem weg geputschten früheren Ministerpräsidenten Edmund Stoiber anlastet.

Personelle Konsequenzen in der CSU sind möglich der sogar wahrscheinlich. Niemand hat am Wahlabend gerufen, Huber solle Parteichef bleiben. Horst Seehofer steht bereit. Für das Land werden die Folgen überschaubar bleiben. Die FDP hat sich schon als Koalition angeboten, und eine Regierung von CSU und FDP ist die wahrscheinlichste Lösung. Eine Koalition mit den Freien Wählern wäre rechnerisch möglich, aber politisch sehr schwierig, ähnelt die Verbindung lokal verankerter Gruppierungen doch nur einer Partei.

Rohrkrepierer statt Wahlschlager

Die Bundeskanzlerin und CDU-Vorsitzende muss sich über die Verluste der Schwesterpartei Sorgen machen, wenn sie an die Bundestagswahl denkt. Aber sie ist stärker geworden. Nach dieser Schlappe wird sich die CSU überlegen, ob sie weiterhin Punkte sammeln will mit Querschüssen wie ihren unabgesprochenen Steuervorschlägen, Klagen über die Gesundheitsreform, an der sie selbst mitgearbeitet hat, schließlich der Forderung nach Wiederherstellung der Pendlerpauschale. Die sollte ein Wahlschlager sein und war ein Rohrkrepierer.

Den interessanteste Auftritt am Wahlabend bot der amtierende SPD-Vorsitzende und Kanzlerkandidat Frank-Walter Steinmeier. Indem er, nicht der künftige Parteivorsitzende Franz Müntefering und auch nicht Generalsekretär Hubertus Heil, das Ergebnis kommentierte, trat Steinmeier zum ersten Mal als Wahlkämpfer auf. Freilich konnte er sich nicht am eigenen Ergebnis sondern allein am Desaster der politischen Konkurrenz erfreuen. In Bayern bekam die SPD wieder kein Bein an Deck. Insoweit hat sich gar nichts geändert.

Quelle: ntv.de

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