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Zwischenruf Berlusconi ante portas

Wenn die Italiener am Sonntag und Montag an die Wahlurnen treten, droht dem Land ein Zurück in die Zukunft. Silvio Berlusconi führt mit seiner Partei "Il Poppolo della Libert" die Umfragen an. Damit droht ein Mitglied der G-7 wieder von einem Mann regiert zu werden, der Italiens Wirtschaft auf Talfahrt geschickt hat, mit Neofaschisten sympathisiert, Mussolini verehrt, dessen Name zum Synonym für Korruption geworden ist. Immer noch sind gegen den Medienmogul zahlreiche Verfahren wegen Steuerhinterziehung und Bestechung anhängig. Mit ihm könnten politische Abenteurer wie Umberto Bossi von der rechtsgerichteten Lega Nord wieder Einfluss auf die Geschicke der Apenninhalbinsel nehmen.

Geschuldet ist der abermalige Aufstieg des Cavaliere der Unfähigkeit der Linken und der Mitte unter dem amtierenden Ministerpräsidenten Romano Prodi, dem Land eine überzeugende Perspektive zu geben. Zwar wuchs die Wirtschaft seit 2006 um zwei Prozentpunkte, doch die Mehrheit der Bevölkerung hat wenig davon; das Nord-Süd-Wohlstandsgefälle ist geblieben. Die Arbeitslosigkeit sank von 7,7 auf sieben Prozent. Die meisten Arbeitsplätze aber entstanden im Billiglohnsektor. Ein wichtiger Faktor des Scheiterns von Mitte-Links ist auch das Erscheinungsbild ständiger Zerstrittenheit. Die neu gegründete Demokratische Partei des Ex-Kommunisten Walter Veltroni hat in kurzer Zeit einen erstaunlichen Zulauf erhalten, der ehemalige Bürgermeister von Rom ist sicher der eloquentere und dynamischere Kandidat. Wie anders ist die Absage Berlusconis an ein geplantes TV-Duell zu bewerten? Da setzt Don Silvio lieber auf eine oft peinlich und albern wirkende Selbstdarstellung im hauseigenen Medienimperium.

Der Theaterdonner um angeblich missverständliche Stimmzettel und Berlusconis sexistische Angriffe auf die angeblich hässlichen Kandidatinnen der Linken geben einen Vorgeschmack auf das, was die Italiener nach den Wahlen wahrscheinlich erwartet. EU-Europa darf sich auf die Wiederkehr eines unberechenbaren Partners freuen, die Bush-Administration auf die Rückkehr eines getreuen Vasallen im "Krieg gegen den Terrorismus".

Um Neuwahlen zu erzwingen, hatte Berlusconi vor einiger Zeit mit einer Neuauflage des faschistischen Marschs auf Rom gedroht. Der Marsch fand nicht statt, aber der Mann könnte trotzdem wieder in den Palazzo Chigi einziehen. Vor dessen Toren steht er schon. Als Hannibal 211 v. Chr. vor Rom zog und die Kapitale dann doch nicht angriff, blieb den Einwohnern Einiges erspart. Ein Drittel der italienischen Wähler ist noch unentschlossen. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass sie sich gegen Berlusconi entscheiden. Damit ihnen und den anderen zwei Dritteln Einiges erspart bleibt.

Quelle: ntv.de

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