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Zwischenruf Berlusconi post portas

Sie haben ihn hinter die Tore gelassen, die Italiener, zumindest deren Mehrheit. Silvio Berlusconi zieht wieder in Roms Palazzo Chigi ein. Seine Botschaft: Die Probleme des Landes sind riesig, packen wir's an. Dabei vergisst er, dass die Probleme maßgeblich seiner Politik geschuldet sind: Ein lächerliches Wirtschaftswachstum von 0,3 Prozent, eine sinkende Arbeitsproduktivität, die weit hinter der Deutschlands oder Frankreichs zurückbleibt, ein nach Millionen zählendes Prekariat. Und eine Schattenwirtschaft, in der die Mafia mit sieben Prozent Anteil am Bruttoinlandsprodukt das bedeutendste Unternehmen ist. Dieses Problem kann Berlusconi nicht gemeint haben.

Der Sieg des rechten Lagers ist zu einem nicht unwesentlichen Teil auf das Stillhalteabkommen mit Cosa Nostra, 'Ndrangheta und Sacra Corona Unita zurückzuführen. Traumtänzerei anzunehmen, dass sich ein zehnfacher Dollarmilliardär, der zur Mehrung seiner Pfründe Gesetz und Verfassung vergewaltigt, um das Land kümmert. Ein konstruktiver Beitrag des neuen Kabinetts zu Europa ist kaum zu erwarten: Da sei die antieuropäische Lega Nord des Politspinners Umberto Bossi davor. Der G-7-Staat Italien wird zur Belastung für die Europäische Union: War das Land ohnehin nur durch Bilanzfälschung in die Euro-Gruppe aufgenommen worden, ist heuer ein Ausscheiden nicht mehr auszuschließen.

"Putinisierung" droht

Der Mussolini-Bewunderer Berlusconi stützt sich auf faschistische und postfaschistische Kräfte. Dies lässt einen weiteren Demokratieabbau befürchten.
Schon jetzt kontrolliert das Medienimperium Privatfernsehen und -hörfunk, die "Säuberungen" der Staatsrundfunks RAI durch Berlusconi zu früheren Zeiten wirken bis auf den Tag nach. In diesem Sinne droht Italien eine "Putinisierung", wobei der Herrscher aller Reußen wenigstens bemüht ist, die Armut im Lande zu bekämpfen. Berlusconi hingegen empfiehlt armen Mädchen doch einen seiner Söhne zu heiraten, um dem Elend zu entfliehen.

Die Mitte-Links-Koalition des Romano Prodi hatte es in 20 Monaten nicht geschafft, auch nur einen der vielen Gordischen Knoten durchzuschlagen. Dafür hat die vornehmlich von den ex-kommunistischen Linksdemokraten und Prodis Margherita aus dem Boden gestampfte Demokratische Partei unter Walter Veltroni die Rechnung bekommen. Gleichwohl ist ihr Stimmanteil beachtlich. Dazu hat nicht unwesentlich beigetragen, dass gut drei Millionen kommunistische Wähler den Demokraten eine "nützliche Stimme" gegeben haben, um eine Rückkehr des Cavaliere zu verhindern.

Veltroni ist gut beraten, das Kooperationsangebot Berlusconis abzulehnen. Eine Zusammenarbeit würde sich als Danaergeschenk für die bunte Truppe aus Links-, Sozial- und Christdemokraten erweisen, die dann an inneren Flügelkämpfen zerbrechen könnte. Eine Atomisierung der Mitte und der Linken würde den Rechtspopulisten die Macht auf Jahrzehnte sichern. Das wäre fatal für die Demokratie in Italien und Europa. Denn Berlusconi-Typen scharren auch in Ungarn, Rumänien und andernorts auf dem Alten Kontinent mit den Hufen.

Quelle: ntv.de

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