Zwischenruf 331 Der russisch-ukrainische Block
01.04.2007, 21:54 UhrVon Manfred Bleskin
Es war nur eine Frage der Zeit, wann das instabile Machtkonstrukt in der Ukraine zerbricht. Auf der einen Seite das Regierungslager unter Ministerpräsident Viktor Janukowitsch, der sich auf seine Partei der Regionen, Sozialisten und Kommunisten stützt. Auf der anderen eine Opposition, die sich einerseits um den Präsidenten gruppiert und andererseits der Oligarchin Julia Timoschenko folgt.
Nun wird wieder auf Kiews Straßen demonstriert. Aufgerufen dazu haben die jeweiligen Lager. Dass es dabei die Opposition auf erheblich mehr Teilnehmer bringt als die Regierung, sagt nichts aus über das reale Kräfteverhältnis im Land. Es ist nun einmal leichter, Menschen aus dem nahe gelegenen Lwiw (Lwow) mit seiner konservativen ukrainischen Einwohnermehrheit heranzukarren als aus dem entfernten Dniprotrowsk (Depropetrowsk) mit seiner majoritär russischen Bevölkerung.
Unmittelbarer Anlass für die neuerliche Konfrontation ist eine Praxis, derer sich sowohl Präsident Viktor Juschtschenko als auch seine agile Gegenspielerin Timoschenko wiederholt bedient haben: Janukowitsch kauft am laufenden Band Abgeordnete von Juschtschenko und Timoschenko, die ihm – wenn das Shopping so gut weiterläuft- die absolute Mehrheit in der Werchowna Rada, dem Parlament, bescheren könnten.
Dann aber könnte Janukowitsch mit einer absoluten Mehrheit die Verfassung der früheren Sowjetrepublik so ändern, dass das Amt des Staatschefs zur bloßen Repräsentation verkommen würde. Dies würde formal zwar den sonst so gern zitierten westeuropäischen Vorbildern gleichen, entspräche aber inhaltlich nicht den Vorstellungen der meisten Länder der Europäischen Union.
Janukowitsch steht für eine engste Zusammenarbeit mit Präsident Putins Russland, Juschtschenko für eine Mitgliedschaft in EU und NATO. Die ihn beide – nebenbei bemerkt – nicht so richtig haben wollen.
Blickt man auf Russland, wo derzeit – eine verfassungswidrige – dritte Amtszeit von Putin diskutiert wird – dann wird klar, wohin die Reise geht: ein russisch-ukrainischer Block, der, wie immer er heißt, mit dem Appendix Belarus, fröhlich postsowjetischen Zeiten entgegengeht. Que vive l’ Union sovitique, c'est ne pas?
Quelle: ntv.de