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Verlässlichkeit und Loyalität Der zahme Wulff ist da

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(Foto: picture alliance / dpa)

Mit Wulff hat Merkel ihrer letzten potenziellen Konkurrenten eng an sich gebunden. So eng, dass er ihr die Kanzlerschaft nicht mehr entreißen kann, sollte der Wind sich drehen.

Er hat es geahnt, nein, gewusst. Haben Sie gesehen, wie Christian Wulff Oslo-Lena in Hannover auf dem Flughafen begrüßte, von einem "großen Tag für Deutschland" sprach, dann, puh, doch noch seinen riesigen Blumenstrauß los wurde und brav "schöne Grüße von der Frau Bundeskanzlerin" überbrachte?

Da hat er schon mal geübt für die Rolle als Bundespräsident. Mal wieder, denn schon seit Jahren mimt der 50-Jährige den jovialen Landesvater, der präsidial durch die niedersächsische Provinz tourt und ohne anzuecken immer eine gute Figur macht. Das kann der Osnabrücker gut und das ist das Problem: Denn Christian Wulff ist die Fortsetzung des Stils von Horst Köhler. Sehr viel Nettigkeit, manchmal eine kleine Nachdenkerei und, wenn es sein muss, tief bewegt. Wulff macht das nur mit anderen Mitteln. Kein Außenseiter, sondern ein versierter Mann des Politikapparates, kein Unbekannter, sondern ein allseits beliebter Mann in den besten Jahren, dem man so richtig nicht böse sein kann. Seit er so lieb ist.

Nichts spricht gegen Wulff, aber es spricht auch nichts für ihn.

Nichts spricht gegen Wulff, aber es spricht auch nichts für ihn.

(Foto: dpa)

Das war nicht immer so. Christian Wulff war mal bissig, trat beharrlich dreimal an, bevor er das Ministerpräsidentenamt in Hannover erklimmen konnte. Und im Herbst 2005, als Angela Merkel, geschockt von einem unerwartet miesen Abschneiden bei der Bundestagswahl, in Zugzwang geriet, schien Wulff für ein paar Tage Kanzler werden zu können. Allerdings wurde daraus nichts. Wulff riss die Sache nicht schnell genug an sich und nach ein paar Tagen hatte sich die künftige Kanzlerin gefangen und nun war es zu spät. Da schaltete Wulff um und wurde zahm. Die Merkelschen Widersacher des Andenpaktes, zu dem auch Wulff gehört, sind inzwischen fast alle weg: Roland Koch, Franz Josef Jung, Günther Oettinger, Friedrich Merz. Wulff ist noch da und wird nun für seine Zurückhaltung, seine Verlässlichkeit und seine Loyalität belohnt.

Nichts spricht gegen Wulff. Er hat viel Erfahrung, er ist jung. Er ist beliebt und kann überzeugen, er kann ordentlich reden, sich gut präsentieren. Er steht für konservative Werte, ohne verstockt zu sein, er ist auf Ausgleich bedacht und weiß Maß zu halten. Er hat sich programmatisch nicht eingeordnet, tritt keinem auf die Füße und ist in alle Richtungen offen. Aber es spricht auch nichts für Christian Wulff. Deutschland braucht einen unbequemen Präsidenten. Einen klugen Einmischer und Querdenker, einen, der Ideen hat und für Ideen kämpft, der abseits des politischen Tagesgeschäftes die Fragen nach der Gerechtigkeit im Lande, nach der Vision für den Staat und nach den Grundsätzen des Zusammenlebens stellt und die Antworten einfordert. Das alles ist von Christian Wulff nicht zu erwarten.

Christian Wulff war der letzte noch amtierende Ministerpräsident der CDU, der Angela Merkel, sollte es einmal eng werden für sie, die Kanzlerschaft hätte entreißen können. Diese Gefahr ist nun gebannt. Die Einigung auf den harmlosen Wulff tut keinem in der schwarz-gelben Regierungskoalition weh. Bleibt zu hoffen, dass Wulff an seinen Aufgaben wächst.

Quelle: ntv.de

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