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Zwischenruf Der zweite Kalte Krieg

Spätestens jetzt – mit der Anerkennung der staatlichen Souveränität von Abchasien und Südossetien durch die Russische Föderation – ist klar, dass die Phase der strategischen Partnerschaften zwischen dem Westen und Russland vorbei ist. Begonnen hatte dieser zweite Kalte Krieg – wie viele heiße Kriege und auch der erste Kalte Krieg – stufenweise. Moskau fasste die völkerrechtswidrige Anerkennung des Kosovo als Freibrief für die eigenen imperialen Bestrebungen auf. Der Westen ignorierte den UN-Sicherheitsratsbeschluss 1244, wonach die Provinz zu Serbien als Rechtsnachfolger der Bundesrepublik Jugoslawien gehört. Moskau verletzt die Souveränität und Integrität Georgiens. Allerdings wäre es zu diesem folgenschweren Schritt wohl nicht ohne den Befehl von Präsident Michail Saakaschwili zum Einmarsch in Südossetien gekommen. Moskau hatte in den vergangenen Monaten Zeichen der Entspannung nach Tiflis gesandt, wieder Direktflüge nach Georgien gestattet sowie und den Brief- und Zahlungsverkehr wieder aufgenommen. Erleichterungen bei der Erteilung von Visa und die Normalisierung des Warenaustauschs sollten folgen. Georgien interpretierte diese Gesten als Zeichen der Schwäche. Auch dürfte die Fehleinschätzung des neuen russischen Präsidenten Dimitri Medwedew, prowestlicher zu sein als sein Amtsvorgänger Wladimir Putin, eine Rolle gespielt haben.

Die Lostrennung des Kosovo vom jugoslawischen Staatsverband wurde bisher von 46 der insgesamt 192 Mitgliedstaaten der UNO anerkannt. Auch Russland versucht nun, andere Länder zur Anerkennung der neuen "Staaten" zu bewegen und rechnet dabei zunächst auf Syrien, Kuba, Nordkorea, den Iran und Weißrussland. Unklar ist die Position der anderen Mitglieder der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten. Die meisten haben zwar de facto die Unabhängigkeit der beiden Republiken respektiert, werden mit einer formellen Anerkennung wohl aber noch zögern. China, mit dem Russland neben Kasachstan, Kirgistan und Tadschikistan in der Shanghai-Gruppe auch militärisch zusammenarbeitet, schlägt sich selbst mit sezessionistischen Bewegungen herum. Ähnliches gilt für Indien.

Wenn Russland nun einen Sicherheitspakt für Georgien fordert, versucht es, möglichen Interventionen – etwa von Seiten der USA – einen Riegel vorzuschieben. Letztendlich geht es um die Respektierung von Einflusszonen, wie schon zu Zeiten des ersten Kalten Krieges. Sollten die Vereinigten Staaten weiter einen Beitritt Georgiens und der Ukraine zum Bündnis forcieren, wäre dies aus Moskauer Sicht das genaue Gegenteil. So bleibt zu hoffen, dass die US-Kriegsschiffe im Schwarzen Meer wirklich nur humanitäre Hilfe in die georgische Hafenstadt Poti bringen.

Quelle: ntv.de

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