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100 Tage Regierung Cameron Die Feuerprobe kommt noch

David Cameron wartet mit unpopulären Maßnahmen auf. Er muss ein rigides Sparprogramm umsetzen. Dem Tory-Chef stehen noch harte Auseinandersetzungen bevor.

David Cameron schlägt sich bis jetzt ganz wacker.

David Cameron schlägt sich bis jetzt ganz wacker.

(Foto: REUTERS)

In wirtschaftlichen Krisenzeiten macht man sich als verantwortlicher Politiker wenig Freunde. David Cameron ist gerade dabei, diese Erfahrung zu machen. 100 Tage ist der Konservative nun britischer Premierminister, und es war bislang eine alles andere als angenehme Regierungszeit.

Dass das Regieren nicht leicht wird, war dem 43-Jährigen bereits vor dem Einzug in Number 10 Downing Street klar - zumal Cameron einem in Großbritannien unüblichen Koalitionskabinett vorsteht. Der Tory-Bündnispartner, die Liberaldemokraten, seien nicht pflegeleicht, hieß es allerorten. Der marktliberale Cameron werde wohl bei seinen Zielen Abstriche machen müssen.

Aber der Premier wählte nach einem Kassensturz den schwierigeren Weg – nach der Devise Augen zu und durch. Er überzeugte seinen liberaldemokratischen Vize Nick Clegg von der Notwendigkeit eines rigiden Sparprogramms. Der Regierung blieb auch keine andere Wahl: Das Vereinigte Königreich ächzt unter einem von der Labour-Vorgängerregierung hinterlassenen krisenbedingten riesigen Schuldenberg. Das Haushaltsdefizit beträgt noch immer mehr als zehn Prozent - Griechenland lässt grüßen.

George Osborne schwingt den Rotstift.

George Osborne schwingt den Rotstift.

(Foto: REUTERS)

Camerons Mann fürs Grobe, der junge Schatzkanzler George Osborne, mutet dabei einzelnen Ministerien viel zu. Bis zu 40 Prozent ihres Etats müssen sie einsparen. Das hat sich nicht einmal die von 1979 bis 1990 amtierende Premierministerin Margaret Thatcher, die als "Eiserne Lady" Eingang in die Geschichtsbücher gefunden hat, getraut. In Deutschland würden solche Maßnahmen zu zahlreichen Ministerrücktritten führen.

Auch der britische Normalbürger wird kräftig bluten müssen. Tausende Verwaltungsjobs stehen auf der Kippe; es soll kein lebenslanges Recht auf Sozialwohnungen für Bedürftige mehr geben; das Renteneintrittsalter geht hoch. Das ist einerseits hart für die sozialeren Liberaldemokraten. Andererseits kommt  Cameron ihnen aber auch entgegen und lässt durch Osborne eine heilige Tory-Kuh schlachten und die Mehrwertsteuer heraufsetzen. Was soll der Premier auch tun? Es muss Geld in die leere Staatskasse.

Gift für den Aufschwung

Die Untertanen Ihrer Majestät reagieren noch reserviert. Bislang verzeichnen nur Cleggs Liberaldemokraten in den Umfragen empfindliche Verluste. Camerons Tories stehen - auch aufgrund der Schwäche der nach 13 Jahren Regierungszeit  abgewirtschafteten Labour Party - dagegen gut da, sind aber von einer absoluten Mehrheit nach wie vor ein Stück weit entfernt.

Regieren ist ein mühsames Geschäft. Nick Clegg kann ein Lied davon singen.

Regieren ist ein mühsames Geschäft. Nick Clegg kann ein Lied davon singen.

Diese eigentlich noch komfortable Situation für die Konservativen kann sich allerdings schlagartig ändern, wenn die Sparmaßnahmen greifen. Die Briten könnten ihre frühere Streikfreudigkeit wiederentdecken und zu Zehntausenden auf die Straße gehen. Zudem behindert das massive Sparen den Aufschwung in Großbritannien. Die Bank of England warnte bereits vor einer spürbaren Schwächung des inländischen Konsums und setzte die Wachstumsprognose herab.

Cameron und den Seinen steht die Feuerprobe also erst noch bevor. Unklar ist dabei, ob die Liberaldemokraten bei der Stange bleiben. Bei einem weiteren Abrutschen der Umfragewerte würde nämlich der innerparteiliche Druck auf Clegg weiter zunehmen, die ungeliebte Koalition mit Camerons Tories zu verlassen. Dann könnte der Premier früher als gedacht seine Entlassungsurkunde bei der Queen entgegennehmen.

Quelle: ntv.de

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