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Zwischenruf 586 Die Krux der Union

Über das Thema Steuern wäre die Kanzlerin 2005 schon fast gestolpert.

Über das Thema Steuern wäre die Kanzlerin 2005 schon fast gestolpert.

(Foto: dpa)

Die Löcher im Haushalt von Bund und Ländern werden immer größer, Bund und Länder müssen bis 2013 mit Steuerausfällen in Höhe von 316 Milliarden Euro rechnen, Deutschland verletzt die Maastricht-Regeln, der Arbeitslosigkeit droht die Fünfmillionenmarke. Da ist es, freundlich ausgedrückt, verwunderlich, wenn die Union eine Steuersenkung zur zentralen Wahlkampfforderung erhebt. Es wäre in der gegenwärtigen Situation realistischer und ehrlicher, den Wählern reinen Wein einzuschenken anstatt sie irgendwann nach dem 27. September zum Wassertrinken aufzufordern. Doch mit der Ankündigung die Mehrwertsteuer erhöhen zu wollen, wären CDU/CSU 2005 fast auf die Nase gefallen. Gerade noch so konnte die Bundesunion Baden-Württembergs vorlauten Ministerpräsidenten Günther Oettinger mit seinem Erhöhungsvorstoß zurückpfeifen. Auch dessen anhaltinischer Kollege Wolfgang Böhmer, der höhere Steuern für Spitzenverdiener fordert, musste zurück ins Glied.

Die Stunde der Wahrheit

Irgendwann im nächsten Jahr schlägt die Stunde der Wahrheit. Dann wird es heißen, man habe eine derartige Verschlechterung der Lage nicht vorhersehen können. Sicher: Ihr glattes Nein zur Erhöhung der Mehrwertsteuer wird Angela Merkel – in welcher Form auch immer in Regierung und/oder Parlament präsent - nicht in den Orkus werfen können. Aber es gibt ja noch mehr Steuern, auf Einkommen, Tabak, Alkohol, Mineralöl. Entscheidend sollte sein, dass die Steuerlast gerechter verteilt wird. Noch immer tragen die Arbeitenden den Hauptanteil zum Gesamtsteueraufkommen bei, die Unternehmen tragen den geringeren Teil. Eine Wiederereinführung der 1997 von Union und FDP ausgesetzten Vermögenssteuer könnte einiges bringen. In den USA macht die Abgabe immerhin mehr als drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes aus. Auch die Einführung einer Börsenumsatzsteuer wäre hilfreich.

Den Banken auf die Finger hauen

Mittel ließen sich auch durch Kürzungen im Rüstungsbereich erschließen. Würde die Bundesregierung jenen Banken, die ihre Hilfspakete zur Eigenkapitalvermehrung nutzen und Stützungsgelder der Europäischen Zentralbank ebenda wieder anlegen auf die Finger hauen, wären die Löcher im Etat ganz gewiss etwas kleiner.

Doch ein Konzept zur Gegenfinanzierung von Steuersenkungen findet sich im Wahlprogramm der Union ebenso wenig wie ein Zeitplan für die Steuersenkungen. In der Krise wären viele bereit, ihr Packerl zu tragen. Wenn die Last der Großen nur größer und die der Kleinen kleiner wäre. Das aber ist die Krux der Volkspartei: Allen Recht getan, ist eine Kunst, die nicht einmal die Angie kann.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de, Manfred Bleskin

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