Zwischenruf Die Pleitereise des Mitt Romney
01.08.2012, 14:50 UhrUS-Präsidentschaftsanwärter Romney reiht sich mit seinen Äußerungen zu internationalen Fragen ein in die unrühmliche Ahnengalerie seiner republikanischen Mitbewerber oder Amtsinhaber. Ist das Dummheit oder Kalkül? Gefährlich ist es allemal.
Von republikanischen Präsidenten und/oder Präsidentschaftskandidaten respektive -anwärtern in den USA ist man einiges gewohnt. Mitt Romney macht da keine Ausnahme. Schon als Anwärter rühmte sich George G. Bush 1999 nach einem Gespräch mit einem slowenischen Partner, er habe jetzt viel über die Slowakei gelernt. Sechs Jahre später als Präsident stellte er sein Wissen noch einmal unter Beweis: Er fühle sich wohl in Slowenien, sagte er bei einem Aufenthalt in der slowakischen Hauptstadt Bratislava. Den Irak-Krieg beendete Bush jr. 2008 zu einem Zeitpunkt, als er gerade so richtig begonnen hatte. Michele Bachmann, die im Rennen um die Kandidatur verdientermaßen auf der Strecke blieb, drohte dem Iran mit der Schließung der US-Botschaft in Teheran. Beide Länder unterhalten seit 1979 keine diplomatischen Beziehungen mehr. Bachmanns Mitbewerber Rick Santorum meinte, Afrika wäre ein Land. Die zeitweilige Möchtegernkandidatin Sarah Palin erklärte, sie wisse so viel über Russland, weil es ihrem heimatlichen Alaska benachbart sei.
Noch während des Rennens um die Kandidatur nach seiner Meinung zu einer Flugverbotszone über Syrien befragt, antwortete Romney, angesichts der 5000 Panzer der syrischen Armee sei es besser eine Fahrverbotszone zu verhängen. Nun also rassistische Beleidigungen an die Adresse der Palästinenser, die Erhebung Jerusalems in den Rang einer Hauptstadt Israels sowie die dümmlichen Bemerkungen über Großbritannien und die Olympischen Spiele. Dazu die unflätigen Worte von Romney Pressesprecher an einer den Polen heiligen Gedenkstätte.
Sind die Äußerungen Ausdruck von Dummheit oder Kalkül? Eines von beiden wäre schon schlimm, beides zusammen gefährlich. Die jüdischen Wähler in den USA stehen in Umfragen mehrheitlich hinter Amtsinhaber Barack Obama; ihm billigen alle Wähler auch die größere außenpolitische Kompetenz zu. Da heißt es: punkten. Das ist Romney gründlich misslungen. Man darf also noch weitere Glanzleistungen von ihm erwarten. Zugleich muss man bei ihm eine gehörige Portion Ignoranz vermuten, die mit imperialem Großmannsgehabe verbunden ist. Oder missunterschätzt man ihn, um einmal eine der genialen Wortschöpfungen des George W. Bush zu gebrauchen? Ein Putin, der Russland wieder zur Supermacht machen will, ist schon bedenklich genug. Ein Romney, der verhindern will, dass sein Land diesen Status verliert und meint, Moscow wäre eine von 21 US-Städten, die nach der russischen Kapitale benannt wurden oder einer schottischen Stadt gleichen Namens, das wäre grenzwertig.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de