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Seehofer weist Merkel den Weg Eigennutz bringt die Lösung

Wieder einmal überrascht CSU-Chef Seehofer die Bundeskanzlerin mit einem Vorschlag, den sie gerade erst abgelehnt hatte. Doch Merkel sollte sich die Sache noch einmal überlegen: Seehofers Initiative zur Senkung der Stromsteuer mag von bayerischem Eigennutz motiviert sein, ist aber dennoch sinnvoll.

Seehofer will weder die bayerischen Unternehmen belasten noch auf die Umlage aus der Ökostromförderung verzichten. Also soll der Bund zahlen. Der Vorteil: Diese Lösung ist machbar.

Seehofer will weder die bayerischen Unternehmen belasten noch auf die Umlage aus der Ökostromförderung verzichten. Also soll der Bund zahlen. Der Vorteil: Diese Lösung ist machbar.

(Foto: picture alliance / dpa)

Es liegt nahe, dem bayerischen Ministerpräsidenten einen gewissen Hang zum politischen Kurswechsel vorzuwerfen. Nicht zum ersten Mal ändert Horst Seehofer seine Meinung, nicht zum ersten Mal nimmt er dabei keine Rücksicht auf die christdemokratische Schwesterpartei oder die Bundesregierung. Doch der Vorwurf ginge daneben. Mit seiner jüngsten Volte liegt Seehofer richtig.

Seehofers Vorstoß zur Senkung der Stromsteuer ist die bestmögliche Lösung in einem Streit, der rasch beendet werden sollte. Denn der Konflikt um die von Bundesumweltminister Peter Altmaier erfundene "Strompreisbremse" blockiert seit Monaten alle inhaltlichen Auseinandersetzungen bei der Planung der Energiewende.

Das Scheitern von Altmaiers "Strompreisbremse" offenbarte, wie sehr die gesamte Energiewende in einem Gestrüpp von Einzelinteressen gefangen ist. Es geht um Geld: Wer muss zahlen, wer wird entlastet? Für die privaten Verbraucher steigt der Strompreis ja auch deshalb so stark, weil die Bundesregierung bei der EEG-Umlage immer mehr Ausnahmeregeln für die Industrie zugelassen hat - um nur ein Beispiel zu nennen.

113 bayerische Firmen und eine Landtagswahl

Dem "Spiegel", in dem Seehofer seinen Gesinnungswandel öffentlich machte, sagte der CSU-Chef, es gebe in Bayern 113 Firmen, die von den Ausnahmen profitierten. "Kein einziges dieser Unternehmen kann auf die Vergünstigung verzichten." Man mag den Wahrheitsgehalt dieser Aussage in Zweifel ziehen. Doch sie illustriert, wie unwahrscheinlich es ist, vor der Bundestagswahl zu einer Einigung auf eine faire Verteilung der EEG-Umlage zu kommen.

Altmaier und Wirtschaftsminister Philipp Rösler hatten sich darauf verständigt, die Ausnahmeregeln soweit zurückzuschrauben, dass für die Industrie eine Mehrbelastung von 700 Millionen Euro herausgekommen wäre. Vor allem der SPD im Industrieland Nordrhein-Westfalen ging dies viel zu weit. Die CSU auf der anderen Seite wollte die vielen Betreiber von Photovoltaikanlagen, die es in Bayern gibt, verschonen - schließlich wird im Freistaat im September gewählt. Für die Christsozialen ist das alles andere als eine Marginalie: Bayern profitiert ganz erheblich von den Geldflüssen zwischen den Bundesländern, die von der Förderung der erneuerbaren Energien ausgelöst werden - bei der Ökostromförderung ist Bayern nach einer Studie des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft mit einem Überschuss von 1,2 Milliarden Euro mit Abstand größter Netto-Empfänger.

"Bezahlen müsste es schließlich der Bund"

In diesem Geflecht der Blockaden ist die Senkung der Stromsteuer sicher nicht die sinnvollste Lösung - entsprechend skeptisch hat sich Bundeskanzlerin Angela Merkel beim Energiegipfel mit den Ministerpräsidenten in der vergangenen Woche ja auch gezeigt. Finanzminister Wolfgang Schäuble lehnt eine Senkung der Stromsteuer ohnehin ab - und hat dafür sogar das Verständnis von Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, der Seehofer jetzt vorwirft, es sich "sehr einfach" zu machen: "Bezahlen müsste es schließlich der Bund".

Was Trittin möglicherweise für einen Moment vergaß: Die Grünen haben ihre Ablehnung gegen eine Senkung der Stromsteuer längst aufgegeben; in der vergangenen Woche schlossen sie sich in einem internen rot-grünen Kompromiss der Forderung der SPD an. Der Vorteil dieser Maßnahme liegt schlicht darin, dass sie vergleichsweise einfach umgesetzt werden kann. Wenn es bei der Strompreisbremse um mehr ging als um Wahlkampfklamauk, sollte sich Merkel Seehofers Vorstoß zu eigen machen.

Quelle: ntv.de

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