Steinbrück entlässt seinen Sprecher Ein Akt der Verzweiflung
10.06.2013, 15:19 Uhr
Michael Donnermeyer (r.) gilt als enger Vertrauter Steinbrücks.
(Foto: dpa)
Nur Monate vor der Bundestagswahl ersetzt Peer Steinbrück seinen umstrittenen Sprecher. Der Kanzlerkandidat und seine SPD hoffen auf einen Neuanfang. Doch auch der Nachfolger, der Medienprofi und Ex-"Bild"-Mann Kleine, wird die Sozialdemokraten kaum aus ihrer Misere befreien können.
Nach einer Fülle an Wahlkampf-Pannen entlässt Peer Steinbrück seinen Sprecher Michael Donnermeyer. Der Kanzlerkandidat und seine Sozialdemokraten wollen einen Neuanfang in Szene setzen, doch tatsächlich offenbaren sie mit der Personalie nur ihre Hilflosigkeit.
Aus Kreisen der SPD-Spitze heißt es laut "Spiegel Online": Jetzt, kurz vor der heißen Wahlkampfphase, werde der Schalter umgelegt. Das klingt zunächst konsequent. Donnermeyer sorgte vor allem für Aufsehen, weil er dafür verantwortlich zeichnete, dass Zitate Steinbrücks über zu niedrige Kanzlergehälter an die Öffentlichkeit drangen. Ein schwerer Schaden für das Bild Steinbrücks in der Öffentlichkeit, da er ohnehin schon wegen seiner üppigen Redehonorare in der Kritik stand. Damals noch hätte der Kanzlerkandidat Donnermeyer mit guten Gründen und zu einem unproblematischeren Zeitpunkt aus seinem Wahlkampfteam schmeißen können. Doch all das ist Wochen her. Zuletzt blieben größere Fehltritte in der Kampagne aus. Dass Donnermeyer ausgerechnet jetzt gehen muss, hat andere Gründe.
Grundsatzreden statt Gummistiefel
Seit Monaten können die Sozialdemokraten nur magere Umfragewerte für sich verbuchen. 24 Prozent der Wähler würden derzeit für sie stimmen. Ein Debakel für eine Volkspartei. Und der Rückstand zur Union droht weiter zu wachsen. Denn während seine Gegenspielerin, Kanzlerin Angela Merkel, derzeit Tag für Tag durch Hochwassergebiete stapft und medienwirksame Bilder produziert, hält Steinbrück an Universitäten außenpolitische Grundsatzreden oder stellt weitere Mitglieder seines Kompetenzteams vor. Dass er als einfacher Bundestagsabgeordneter einer Oppositionspartei kaum glaubhaft Elbauf und Elbab reisen kann, um Hilfsmillionen zu versprechen, spielt keine Rolle. Seine Auftritte wirken angesichts der Not in Deggendorf und Wittenberg einfach deplatziert. Bei vielen potenziellen SPD-Wählern verstärkt sich so der Eindruck, dass sich ausgerechnet der Kanzlerkandidaten der Sozialdemokraten schwertut mit der Bürgernähe. In der SPD löst das Unruhe aus.
Der Rauswurf Donnermeyers kommt in dieser Situation scheinbar gelegen: Zunächst kann die SPD ihm die Schuld am schwachen Auftritt Steinbrücks zuschieben, obwohl er als Sprecher offenkundig nur zum Teil dafür zur Rechenschaft zu ziehen ist. Denn für seine fürstlichen Redehonorare und die Vergleiche von ausländischen Spitzenpolitikern mit Clowns zeichnet allein Steinbrück verantwortlich. Obendrein kann die Partei Donnermeyer auch kurz vor der Wahl noch einigermaßen geräuschlos aussondern, obwohl ein derartiger Fall einzigartig in der Geschichte ist. Zumindest verglichen mit dem Rabatz, den ein Tausch des Kanzlerkandidaten mit sich gebracht hätte.
Ein Kandidat, der nicht zum Programm passt
Um den Schaden für die SPD zu begrenzen, mag der überraschende Rauswurf ein wenig helfen. Es ist allerdings utopisch, dass ein neuer Sprecher, Ex-"Bild"-Hauptstadtbüroleiter Rolf Kleine soll den Posten übernehmen, nun eine Kehrtwende bringen könnte. Und hier zeigt sich die Hilflosigkeit der SPD und ihres Kanidaten. Dass so manch ein potenzieller Wähler der Sozialdemokraten mit Steinbrück fremdelt, hat nur bedingt mit dem Kommunikationsgeschick seines Wahlkampfteams zu tun. Das eigentliche Problem ist, dass der eher rechte Sozialdemokrat kaum zum derzeit eher linken Kurs der Sozialdemokraten passt. Die Strategie linkes Programm und rechter Kandidat floppt. Dieser Konstellation fehlt es einfach an Glaubwürdigkeit. Und das wird auch Donnermeyers Nachfolger Kleine nicht retuschieren können.
Quelle: ntv.de