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Zwischenruf Einiges bleibt zu tun

"Ladies and Gentlemen, Barack Obama proudly presents ... Barack Obama!"

Der Präsidentschaftsbewerber der US-Demokraten hat in Berlin eine Show abgezogen. Perfekt inszeniert. Weltweit im Fernsehen übertragen, konnte der Wähler daheim an den Geräten den Eindruck gewinnen, dem Hauptdarsteller läge der Erdenkreis zu Füßen. Da störte es schon gar nicht mehr, dass im Unterschied zu John F. Kennedy oder Ronald Reagan nicht das Brandenburger Tor, sondern die Siegessäule die Kulisse bildete. Wenn manch einer von der "Goldelse" obenauf schwärmt, denkt er ohnehin nicht daran, dass das Denkmal zum höheren Ruhm preußisch-deutscher Aggression gegen Dänemark, Frankreich und Österreich errichtet worden war. Vom Umsetzen des Bauwerks vom heutigen Platz der Republik auf seinen jetzigen Platz auf Hitlers Befehl ganz zu schweigen. Bezeichnenderweise kam das Wort "Siegessäule" bei englischsprachigen TV-Sendern kaum vor. Für BBC World und CNN International trat Obama im Berliner "Tiergarden" auf. Namen sind manchmal eben nicht Schall und Rauch.

Wenn auch die Form den Vorrang hatte, so hatte Obama auch inhaltlich etwas zu bieten. Das Wort von den Autos in Boston, die die Polkappen zum Schmelzen bringen, hätte man von seinem Gegenspieler John McCain nicht gehört. Auch das Ziel einer atomwaffenfreien Welt hätte der Republikaner nicht erwähnt. Einklagbar sind die Postulate beim möglichen Bush-Nachfolger freilich nicht. Dafür blieb Obama zu allgemein. Auch die angekündigte Reduzierung strategischer Waffensysteme will wenig besagen. Wenn, wie in die Vergangenheit geschehen, Raketen verschrottet wurden, traten neue, wirkungsvollere Waffen an deren Stelle. So blieb Obama reichlich beliebig, ganz so, wie er unter seinen Vorfahren mal Juden, dann Südstaatler und ein anderes Mal Indianer ausmacht, je nach Zuhörerschaft. Wie wandlungsfähig Obama ist, wurde schon beim Thema Irak deutlich. Erst ein offener Kriegsgegner, dann ein Übergänger auf schwabbelige Rückzugsforderungen. Welcher Teufel ihn geritten hat, eine weitere Verstärkung des militärischen Engagements in Afghanistan just in dem Moment anzukündigen, in dem die UNO von immer mehr zivilen Opfern berichtet, wird sein Geheimnis bleiben. Die Forderung an die Bundesregierung, noch mehr Truppen an den Hindukusch zu schicken, ging in der allgemeinen Obamania auf der "Fanmeile" unter.

Erstaunlicherweise hat sich Obama weder in Berlin noch an den anderen besuchten Orten zu sozialen Fragen geäußert. Auch daheim spielte dies in den vergangenen Wochen kaum eine Rolle. Doch hier liegen die eigentlichen Ursachen für die Konflikte und Spannungen. Auf internationaler wie auf nationaler, US-amerikanischer Ebene. Wie sagte der Sohn von Martin Luther King dem "Stern" über dessen historisches "I have a dream": "Ein Schwarzer im Weißen Haus ist nicht die Erfüllung seines Traums. Vielleicht ein Teil davon. Sein Traum wird erst wahr, wenn alle Amerikaner eine Krankenversicherung haben, alle den gleichen Zugang zu guten Schulen, zu Jobs, zu bezahlbaren Wohnungen." Da hat ein Präsident Barack Obama noch einiges zu tun.

Quelle: ntv.de

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