Zollpause bedeutet gar nichts Für Trump hat das Chaos Unterhaltungswert


Trumps erratische Handelspolitik sorgt für Turbulenzen an den Börsen. Die angekündigte Zollpause sorgt für Erleichterung - aber wie lange?
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Regierungen weltweit stellen sich eine Frage: Was will der US-Präsident mit seinem Handelskrieg bezwecken? Die Antwort: Trump will den größten Nutzen für sich herausholen – und in die Schlagzeilen kommen. Dass die Wirtschaft dabei verrücktspielt, amüsiert ihn.
Donald Trump gibt es zu: Seine Eskalation in der Zollpolitik gründet auf seiner Nabelschau. Er treffe Handelsentscheidungen "aus dem Bauch heraus", sagt der US-Präsident. Um sich über die Beschwichtigungsversuche der US-Handelspartner lustig zu machen, bemüht er eine geschmacklose Metapher über einen anderen Körperteil: "Diese Länder rufen uns an. Sie küssen meinen Arsch."
Trump geht es um den eigenen Nutzen und nur bedingt um wirtschaftliche Vorteile und Industriepolitik, wie er behauptet. Dass er die Welt mit seinem Bauchgefühl ins Chaos stürzt, hat für ihn zusätzlichen Unterhaltungswert.
Zwar erholen sich die Börsen wieder, nachdem Trump eine 90-tägige Aussetzung einiger Zölle angekündigt hat. Die Kurse bleiben aber hinter dem Stand zurück, den sie vor dem Beben hatten, das allein Trump mit seinen Zöllen ausgelöst hatte. Die Sorgen vor einer weltweiten Rezession, die auch die Amerikaner treffen würde, bleiben - so wie die Zölle auf Aluminium, Stahl und Autos. Nicht nur Trump nahestehende Unternehmer wie Elon Musk kritisieren die Zölle, sondern auch einige Republikaner. Dass Trump vor seiner Zollpause auf sozialen Netzwerken zum Kauf von Aktien geraten hat, bringt ihm neue Vorwürfe ein. "Wie kann das keine Marktmanipulation sein?", fragte der demokratische Abgeordnete Mike Levin.
Trump schlug bisher alle Angebote aus Brüssel aus
Besonders pikant: Das Medienunternehmen Trump Media & Technology profitierte von der Kehrtwende in der Zollpolitik. Die Titel von Trumps Firma sind am Mittwoch zwischenzeitlich um fast fünf Dollar hochgeschossen, auf einen Wert von 21,63 Dollar. Das Börsen-Kürzel der Firma lautet DJT - mit diesen Initialen unterzeichnete Trump auch seinen Post, in dem er zum Kauf aufforderte. Ging es Trump nur darum, sich selbst zu bereichern? Möglich. Der Instinkt, der ihn nach eigener Aussage antreibt, könnte ein reiner Selbsterhaltungstrieb sein. Das macht Trump noch unberechenbarer als in seiner ersten Amtszeit.
Damals, vor etwas mehr als vier Jahren, zeigte sich Trump noch verhandlungsbereit. Ein Handelskrieg konnte durch Deals mit ihm abgewendet werden. Auch jetzt behauptet er, die Zollpause diene dazu, Gespräche über mögliche Geschäfte mit anderen Staaten zu führen. Gegenüber der Europäischen Union lässt Trump allerdings Zweifel am Verhandlungswillen aufkommen. Zwar antwortete die EU ihrerseits mit einer Aussetzung der Gegenzölle - betonte aber, die Maßnahmen bei einem Scheitern von Verhandlungen wieder auf den Tisch zu legen.
Trump holte bereits die Idee aus der Mottenkiste, Brüssel solle Energie im Wert von 350 Milliarden Dollar von den Amerikanern kaufen. Dabei hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bereits vor Trumps Einzug ins Weiße Haus angeboten, mehr Flüssiggas aus den Vereinigten Staaten zu importieren. Bislang schlug Trump allerdings alle Angebote der Europäer aus. Handelt so jemand, der ehrlich an irgendeiner Art von Deal oder wirtschaftlichem Nutzen interessiert ist?
Trump hält Medien mit Handelskrieg auf Trab
Viel eher drängt sich eine andere Vermutung auf: Trump gefällt es, die Welt ins Chaos zu stürzen, aus einem Bauchgefühl heraus. Einfach, weil er es kann. Für ihn gilt das Recht des Stärkeren. Obwohl er ihnen wirtschaftlich schadet, bedient Trump auch den Willen seiner Wähler. Die wollten schließlich den starken Mann im Oval Office sehen - und Trump sich selbst in den Schlagzeilen. So hält er nicht nur die Handelspartner, sondern auch die Presse auf Trab.
Dafür gibt es ebenfalls eine geschmacklose Metapher, allerdings nicht von Trump selbst, sondern von seinem Ex-Berater Steve Bannon. "Die echte Gegnerschaft", sagte Bannon 2018 in einem Interview, "sind die Medien. Um mit ihnen umzugehen, muss man die Zone mit Scheiße fluten." Das Hü und Hott in Trumps Zollpolitik dient auch der kommunikativen Fäkal-Flut. Das sollten all jene im Hinterkopf haben, die aufgrund des Handelskriegs tatsächlich versucht sind, Trumps Allerwertesten zu küssen.
Quelle: ntv.de