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Zwischenruf Götterdämmerung am Tiber

Fini vs. Berlusconi: Wer macht das Rennen, wenn Italien neu wählt?

Fini vs. Berlusconi: Wer macht das Rennen, wenn Italien neu wählt?

(Foto: picture alliance / dpa)

Italien steht ein heißer Herbst bevor. Das Land steuert auf Neuwahlen zu. Dass Berlusconi daraus siegreich hervorgehen wird, und welche derzeit noch unmöglich erscheinenden Allianzen sich bilden, ist ungewiss.

Italien navigiert– wieder einmal – in schweren politischen Wassern. Nach dem Bruch in Silvio Berlusconis Parteienbündnis "Il Popolo della Libertà" bewegt sich das Land auf Neuwahlen zu. Doch der Ministerpräsident ist sich nicht sicher, dass seine Regimenter auch ohne die Deputierten der ausgeschiedenen "Alleanza Nazionale" von Gianfranco Fini siegreich sein werden. Die Befürchtung ist nicht unbegründet. Einige Abgeordnete Berlusconis haben sich schon auf die Seite des gewendeten Postfaschisten gestellt. Zudem konnte die separatistische Lega Nord des Umberto Bossi schon beim regionalen Urnengang im März erhebliche Stimmenzuwächse verbuchen. Bossi ist darum auch der einzige Spitzenpolitiker der Rechten, der auf sofortige Neuwahlen drängt. Seine rassistischen Stereotype fallen insbesondere im Norden auf fruchtbaren Boden.

Fini, der gewendete Postfaschist und bisherige Bündnispartner des Cavaliere, fürchtet, dass seine neugebildete Fraktion "Futuro e Libertà. Per l’Italia" bei einem vorgezogenen Urnengang unter die Vier-Prozent-Marke fallen könnte. Noch ist die neue Partei gar keine richtige Partei. Nun rächt es sich, dass Fini seine "Nationale Allianz" 2008 in der Berlusconi-Truppe aufgehen ließ.

Krise in der Krise

Die Krise vollzieht sich vor dem Hintergrund einer andauernden Wirtschaftskrise. Berlusconi, der Meister der Versprechungen, kann auch diesmal keine sichtbaren Erfolge bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Krisenbewältigung vorlegen. Sein brutales Vorgehen gegen Sinti und Roma zielt, ähnlich wie das von Nicholas Sarkozy in Frankreich, darauf von den eigentlichen Problemen abzulenken.

Um seine Reihen zu festigen, hat Berlusconi für den September eine Vertrauensfrage im Parlament angesetzt, bei der sowohl über die Föderalisierung der Staatseinahmen als auch ein Entwicklungsprojekt für die unterentwickelten Regionen entschieden werden soll. Hauptpunkt aber ist ein Justizreform genanntes Vorhaben, mit dem sich der skandalgeschüttelte Ministerpräsident vor weiteren Korruptionsprozessen schützen will.

Was kommt?

Die Mitte-Links-Partei Partito Democratico (PD) und die Christdemokraten der UDC wollen eine Übergangsregierung, für die sich auch die neue Fini-Gruppierung aufgeschlossen zeigt. Wie Fini fürchten PD und UDC Wahlschlappen. Das Hauptproblem der Linken ist ihre Zerstrittenheit. Darüber hinaus fehlt nach dem Abtritt von Walter Veltroni eine charismatische Figur. Der reformkommunistische Ministerpräsident Apuliens Nichi Vendola gilt zwar als neuer Star der Linken, kann landesweit aber noch nicht überall punkten.

Italien steht mithin vor einem heißen Herbst, an dessen Ende es zu Neuwahlen kommen kann. Die Götterdämmerung des Systems Berlusconi hat jetzt schon begonnen. Wie die Morgendämmerung aussieht, ist nicht mit Bestimmtheit zu sagen. Nicht ausgeschlossen scheint aber, dass im rechten wie im moderat-linken Spektrum Allianzen heranreifen, die derzeit noch unmöglich scheinen.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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