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Kommentar Israels Existenzrecht

Von Ulrich W. Sahm, Jerusalem

"Keinem anderen Staat in der Welt neben Israel wird bis heute das Existenzrecht abgestritten." Der Satz fiel bei einer Diskussion um die Ursachen und Folgen des Sechs-Tage-Krieges von 1967 vor fast 40 Jahren. Es ist erstaunlich, mit welchen Argumenten die Existenzberechtigung dieses Staates in Frage gestellt wird.

Einige meinen, Israel sei "künstlich geschaffen". Doch das sind nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches nicht nur die meisten arabischen Staaten mit ihren Linealgrenzen, sondern dies gilt auch für die Mehrheit der aus Kolonien hervorgegangenen geografischen Gebiete, die in eine nationalstaatliche Unabhängigkeit entlassen wurden.

Andere meinen, dass das Zeitalter ethnisch oder religiös ausgerichteter Staaten vorüber sei. Warum verlangt dann niemand, das muslimische Pakistan wieder dem hinduistischen Indien anzuhängen? Weshalb wird den Armeniern ein eigener Staat zugestanden?

Den Juden, zweihundert Jahre lang als "Rasse" verfolgt, wird abgesprochen ein "Volk" zu sein. Deshalb hätten sie kein Recht auf Selbstbestimmung. Andere Gemeinschaften mit gemeinsamer Kultur, Sprache oder historischem Zusammengehörigkeitsgefühl haben sich lange nach den Juden zum "Volk" deklariert, zum Beispiel die Palästinenser ab 1964. Wieder andere entlegitimieren Israel, weil es ein "kolonialistisches Produkt" oder "Fremdkörper" sei. Da könnte man freilich auch Albanien als muslimischen "Fremdkörper" in Europa zur Abschaffung bereitstellen. Kolonialistisches Konstrukt ist der Irak, wo die Briten Kurden, Schiiten und Sunniten zusammengewürfelt haben.

Aktuelle Argumente, wonach Israel keine international anerkannten Grenzen besitze, sind allein schon beim Blick auf Europa absurd, wo sich seit 1945 immer wieder Grenzen verschoben haben, Staaten in Luft auflösten und neue Staaten entstanden. Und wenn Israel keinen Platz in der Völkergemeinschaft habe, weil es Besatzer sei, dann sollte man mit der Volksrepublik China beginnen, die Welt zu verbessern. Wie wäre es, dem bevölkerungsreichsten Staat der Welt die Existenzberechtigung abzusprechen, weil er Tibet besetzt hält?

Israel ist seit 59 Jahren ordentliches Mitglied der Vereinten Nationen. Das sollte ausreichen, nicht täglich das pure Existenzrecht des jüdischen Staates in Frage zu stellen.

Quelle: ntv.de

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