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Pro: Rücktritt ist glaubwürdig Käßmann hatte keine Wahl

Eigentlich hat die höchste Würdenträgerin der Evangelischen Kirche, Margot Käßmann, zu ihrer Alkoholfahrt durch das nächtliche Hannover schon fast alles zu Beginn der Woche gesagt. "Ich bin über mich selbst erschrocken, dass ich einen so schlimmen Fehler gemacht habe. Mir ist bewusst, wie gefährlich und unverantwortlich Alkohol am Steuer ist", erklärte Käßmann. "Den rechtlichen Konsequenzen werde ich mich selbstverständlich stellen."

Doch die Frage nach den rechtlichen Konsequenzen stellte sich gar nicht, natürlich kommt Käßmann - wie jeder andere, der betrunken fährt und Verkehrsregeln missachtet – nicht um sie herum. Es war eine andere Frage, die sich aufdrängte: Kann Margot Käßmann ihr Amt als höchste Würdenträgerin der Kirche noch weiter ausfüllen? Kann sie weiterhin als moralische Instanz die Evangelischen Kirche in Deutschland glaubwürdig vertreten? Sicher hatte sich die EKD hinter sie gestellt und angekündigt, Käßmann die Alkoholfahrt zu vergeben. Das ist gut und schön und Vergebung ein Grundprinzip des Christentums.  

Doch anderen zu vergeben fällt sicher leichter, als sich selbst zu vergeben, und die Frage nach den Konsequenzen musste Käßmann selbst beantworten. Dabei geht es nicht darum, dass eine Bischöfin, die sich kurz vor Beginn der offiziellen Fastenaktion der Kirche ein paar Gläser zu viel Alkohol genehmigt, sicher für manche ein fragwürdiges Bild abgibt. Dies mag als menschliche Seite einer Bischöfin anerkannt werden, die gerne ihre verletzliche Seite herausstellt und gerade in all ihrer Fehlbarkeit vielen sympathisch ist.

Kein Kavaliersdelikt

Keine Privatsache mehr ist ihre Fahrt mit 1,54 Promille im Phaeton. 2007 hatte Käßmann noch öffentlich "mangelndes Verantwortungsbewusstsein" von Autofahrern kritisiert, "insbesondere wenn Alkohol oder Drogen mit im Spiel sind". Der Bischöfin war also klar: Auch wenn zehntausende Deutsche es ähnlich handhaben, ist Trunkenheit am Steuer kein Kavaliersdelikt. Letztlich bleibt es Glück, wenn man nur von der Polizei gestoppt wird und kein Mensch zu Tode kommt.

Und der Bischöfin, die fraglos vieles geleistet hat für die Evangelische Kirche, musste auch klar sein: Es wird unmöglich, weiter als mahnende oberste Instanz der Protestanten aufzutreten. Wer sich hinstellt und moralische Maßstäbe verkündet, wird selbstverständlich auch an diesen gemessen und steht unter schärferer Beobachtung der Öffentlichkeit als jemand anderes. Glaubwürdig ist nur, wer auch nach seinen eigenen Maximen handelt. Eine EKD-Vorsitzende benötigt aber höchste Glaubwürdigkeit, um weiterhin als Stimme öffentlich wahrgenommen zu werden und nötige gesellschaftliche Debatten anzustoßen.

Quelle: ntv.de

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