Kommentare

Zwischenruf Kirgisistan steht (noch) allein

19242980.jpg

(Foto: picture alliance / dpa)

Der ethnische Konflikt in Kirgisistan macht den Ruf nach einer internationalen Friedenstruppe laut. Doch wer soll dieser angehören? Und wie lange soll sie da bleiben?

Der Ruf von UN-Flüchtlingskommissar António Guterres nach einer internationalen Friedenstruppe für Kirgisistan spiegelt das Dilemma der Weltorganisation wider: Sind die Truppen erst einmal drin, ist es schwer, sie wieder herauszukommen. Und: Wer soll einer solchen Truppe angehören?

Frieden wird nicht durch bloße bewaffnete Präsenz hergestellt. Schlägt sich die Truppe auf die Seite des Übergangskabinetts, unterstützt sie eine nicht einmal formell durch das Parlament legitimierte Regierung. Dessen Chefin Rosa Otunbajewa hatte das Parlament nach dem Sturz von Präsident Kurmanbek Bakijew auflösen lassen, der – auf dem Papier – immer noch der durch mehr oder weniger demokratische Wahlen an die Macht gekommen war.

Medwedew wartet ab

Russlands Ministerpräsident Wladimir Putin war wohl etwas zu voreilig, als er sich unmittelbar nach Bakijews auf die Seite von Frau Osunbajewa schlug. Präsident Dimitri Medwedew reagierte bislang nicht auf deren Forderung nach militärischer Unterstützung. Offenbar wartet der Kreml auf ein Mandat des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen für die Organisation des Vertrages über kollektive Sicherheit (OVKS), der neben Russland und Kirgisistan selbst Armenien, Kasachstan, Tadschikistan, Usbekistan und Belarus angehören.

Geleitet wird die OVKS durch den Rat der Staats- und Regierungschefs, dem derzeit der weißrussische Präsident Aleksandr Lukaschenka vorsteht. Lukaschenka hat dem geflohenen Bakijew in der Hauptstadt Minsk Asyl gewährt. Minsk liegt dieser Tage wegen angeblich nichtbezahlter Gasrechnungen an die russische Gazprom wieder einmal mit Moskau über Kreuz. Eine komplizierte Gemengelage für einen raschen Interventionsbeschluss, aber wohl der einzige Ausweg.

Westen hält sich raus

Der Westen – die USA unterhalten in Kirgisistan wie Russland einen Militärstützpunkt – wird sich militärisch heraushalten. Die Lage in Afghanistan ist aussichtslos genug. Andererseits bedroht ein brennendes Kirgisistan den Nachschub namentlich für die US-Truppen am Hindukusch.

Durch die Zerschlagung der Sowjetunion ist in Zentralasien ein Machtvakuum entstanden, in das Russland wie die USA, Drogenbarone wie Warlords, einstige Parteibonzen wie selbsternannte Demokraten drängen. Angefangen hatte es mit Breschnews Intervention in Afghanistan. Wie es aufhört, ist offen, Sicher ist nur, dass die Riesenregion zwischen Kaukasus, Pamir und Indik auf längere Sicht nicht zur Ruhe kommt.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen