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Zwischenruf Klarsfeld, Kandidatin der Staatsräson

Eine Linkskandidatin ist die Links-Kandidatin nicht. Sie steht für den Kampf gegen alte und neue Nazis. Ihre Haltung zu Israel wird bei Teilen der Linken Widerspruch auslösen. Zugleich wird sie auch in der Bundesversammlung parteiübergreifend wählbar. Ein Kommentar von Manfred Bleskin.

Die Linkspartei schickt Beate Klarsfeld als Kandidatin fuer das Amt des Bundespraesidenten ins Rennen.

Die Linkspartei schickt Beate Klarsfeld als Kandidatin fuer das Amt des Bundespraesidenten ins Rennen.

(Foto: dapd)

Wenngleich Beate Klarsfeld kurzzeitig einer kleinen Linkspartei in der Bundesrepublik angehörte, wird sie in Metaphern antworten, wenn sie jetzt gefragt wird, ob sie denn eine Linke sei. Aber dass sie Sympathien hege, und dass sie im Unterschied zu Joachim Gauck andere Akzente setzen wolle. Nicht gegen den ehemaligen Pfarrer aus Rostock, aber eben andere. Der Hauptakzent der Kandidatin ist der Antifaschismus. Das ist gut so. Nazimordserie- und -aufmärsche sollten Begründung genug sein. Das gilt auch für immer noch oder besser: schon wieder wegen der antisemitischen Ressentiments vieler Deutscher, wie der jüngste Bericht der Bundesregierung in erschreckender Weise offenbarte.

Die in Berlin geborene Wahlfranzösin hat durch die Ohrfeige für den damaligen Bundeskanzler Kurt-Georg Kiesinger wegen dessen NSDAP-Mitgliedschaft weltweit für Aufsehen gesorgt. Kiesinger war immerhin gleich nach Hitlers "Machtergreifung" im Februar 1933 in die Nazipartei eingetreten, gehörte ihr bis 1945 an und war im Auswärtigen Amt unter anderem für die Verbindungen zum "Reichspropagandaministerium" des Joseph Goebbels zuständig. Zusammen mit ihrem Mann Serge trug sie entscheidend dazu bei, dass Klaus Barbie, der Schlächter von Lyon, dingfest und die Welt auf Joseph Mengele, den Todesengel von Auschwitz", aufmerksam gemacht wurde.

In ihrer Wahlheimat ist Frau Klarsfeld eine hochgeehrte Persönlichkeit von nationalem Rang. In Deutschland ist sie wiederholt für die Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz vorgeschlagen worden. Zuletzt war ein Antrag der Partei Die Linke von Berlins Regierendem Bürgermeister Klaus Wowereit unterstützt worden. Sowohl die Außenminister Joschka Fischer und Guido Westerwelle, zuständig für Auszeichnungen von im Ausland lebenden Deutschen, als auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff hatten die Anträge zurückgewiesen.

Herr Gauck wird von manchem gern "Kandidat der Herzen" genannt. Das stimmt für die Anhänger von Union, FDP, SPD und Grünen durchgängig ganz sicher nicht. Frau Klarsfeld dürfte aber auch nicht all jene hinter sich wissen, denen der Platz des Herzens auf der linken Seite ganz besonders wichtig ist. Ihre Positionen zu Israel dürften einigen ganz und gar nicht gefallen, auch wenn die Entscheidung in den Parteigremien der Linken einstimmig fiel. Die Garantie der staatlichen Existenz Israels ist laut Bundeskanzlerin Angela Merkel Staatsräson. Die Linke hat sich mit ihrer Entscheidung ein kleines bisschen regierungsfähiger gemacht, und ihre Kandidatin ein ganz schönes bisschen wählbarer auch für Nicht-Linke.

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Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist er Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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