Zwischenruf Korea: Entspannung in Sicht
20.12.2010, 14:08 Uhr
		                      Bill Richardson bringt die koreanische Halbinsel auf Entspannungskurs.
(Foto: AP)
Der UN-Sicherheitsrat einigt sich nicht auf eine Resolution zu den Spannungen in Korea und versagt damit. Dennoch zeigt die Kompassnadel in Asien langsam wieder auf Deeskalation. Einer großen Weltpolitik ist das nicht zu verdanken, sondern einzelnen und leisen Akteuren.
Es ist noch einmal gut gegangen: Südkoreas Manöver im umstrittenen Seegebiet vor der nordkoreanischen Küste mit scharfer Munition hat nur eine Stunde gedauert. Nordkorea hat auf die angedrohten militärischen Gegenmaßnahmen verzichtet.
Da fällt die fehlende Einigung über eine Resolution zu den Spannungen auf der koreanischen Halbinsel im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen kaum ins Gewicht. Weder Russland noch China dürften nicht ernsthaft angenommen haben, dass die USA, Frankreich, Großbritannien und Japan einem öffentlichen Aufruf zur Zurückhaltung an beide Seiten zustimmen. Das wichtigste Gremium der Weltorganisation hat sich wieder einmal als unfähig erwiesen. Die Musik spielt nicht das Orchester am New Yorker Hudson River. Sie wird von Solisten vor Ort gemacht, mit leisen Tönen.
Direkte Telefonverbindung als Anfang
Einer davon ist Bill Richardson, demokratischer Gouverneur des US-Bundesstaates New Mexico, unter Präsident Bill Clinton Energieminister und später Vertreter seines Landes bei der UNO. Richardson ist nicht in offizieller Mission, sondern nur „mit Kenntnis“ des Weißen Hauses nach Pjöngjang gereist. Es ist aber davon auszugehen, dass die Ergebnisse seiner Gespräche mit dem Kommandeur der nordkoreanischen Einheiten in der entmilitarisierten Zone entlang der Waffenstillstandslinie am 38. Breitengrad von wegweisender Bedeutung sind: Nordkorea stimmt Richardsons Vorschlag zur Einrichtung einer direkten Telefonverbindung mit dem Generalstab des Südens zu. Weiter ist das Regime bereit, mit militärischen Repräsentanten Südkoreas und der USA eine Kommission zu bilden, die sich um eine Verminderung der Spannungen bemühen soll. Zugleich lässt Pjöngjang wieder Inspektionen seiner Nuklearanlagen in Yongbyon durch die Internationale Atomenergiebehörde zu.
Damit dürfte sich die Kompassnadel langsam wieder auf Entspannung einpendeln. Diktator Kim Jong Il hat seinen Sohn Kim Jong Un mit einem nach innen wie nach außen gerichteten Paukenschlag als Nachfolger etabliert; der Süden hat gezeigt, dass Sonnenscheinpolitik nicht seine einzige Alternative ist. Militärische Zurückhaltung ist nun das Mindeste, was man von beiden Seiten verlangen muss. Denn von dauerhafter Stabilität ist die Region immer noch weit entfernt.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de