Aufstand gegen von der Leyen Krippenpanik in der Union
15.02.2007, 12:28 Uhrvon Hubertus Volmer
Die Konservativen in der Union sind in heller Aufregung. Familienministerin Ursula von der Leyen will den Eltern die Kinder wegnehmen und in öffentliche Verwahranstalten sperren. Mütter werden gezwungen, arbeiten zu gehen. Der Aufenthalt von Kindern in der Wohnung ihrer Eltern zwischen 8.00 Uhr morgens und 18.00 Uhr abends wird künftig unter Strafe gestellt.
Natürlich ist das gelogen. Von der Leyen will nur ein paar Krippenplätze schaffen. Sie will die Länder und Gemeinden dafür gewinnen, die Zahl der Betreuungsplätze für Kinder unter drei auf etwa 750.000 zu verdreifachen. Das klingt nach viel, ist jedoch wenig. Selbst mit 750.000 Krippenplätzen wird es weiterhin viele Regionen geben, die hoffnungslos unterversorgt sind.
Heute gehen lediglich zwölf Prozent der unter Dreijährigen in die Kita oder zur Tagesmutter. In derselben Größenordnung bewegt sich die Zahl der jungen Mütter, die voll berufstätig sind. Da mutet es seltsam an, wenn Unionsfraktionschef Volker Kauder davor warnt, das Familienmodell mit berufstätiger Mutter in den Mittelpunkt zu stellen. Eltern, die ihre Kinder zu Hause betreuen, dürften nicht als altmodisch verschrien werden, meint Kauder. Und jetzt kommt's: Wichtig sei, eine wirkliche Wahlfreiheit zwischen der Kindererziehung zu Hause und der Betreuung in der Kita zu schaffen. Bei allem Respekt: Schizophrener kann man kaum argumentieren.
Ähnlich bizarr klingt der sächsische Kultusminister Steffen Flath. Er findet, bei der Kindererziehung dürfe nicht "einseitig" auf Fremdbetreuung gesetzt werden. Ansonsten fühlten sich Mütter vor den Kopf gestoßen, die sich zu Hause um den Nachwuchs kümmerten. Nach dieser Logik wäre jeder Kita-Platz ein Angriff auf die Würde nicht berufstätiger Mütter.
Thüringens CDU-Generalsekretär Mike Mohring meint, die Familienministerin achte nicht auf die Wirkung "bei unseren klassischen Wählern". Diese würden schlicht verschreckt. Das mag sein. Vor allem, wenn CDU-Politiker wie der brandenburgische Innenminister Jörg Schönbohm sich weigern, zwischen Angebot und Zwang zu unterscheiden. Schönbohm sagte allen Ernstes, von der Leyen stehe für eine Politik, "die den Menschen vorschreiben will, was sie zu tun haben". Er wolle nicht, "dass diese CDU Frauen unter Rechtfertigungszwang setzt, wenn sie sich dafür entscheiden, zu Hause zu bleiben, um sich um die Kinder zu kümmern".
Umgekehrt wird ein Schuh draus: Schönbohm und Co. wollen den Familien ihr Weltbild aufzwingen: Vati geht arbeiten, Mutti bleibt daheim, die Kinder gehen im Alter von vier oder fünf für ein paar Stunden vormittags in den Kindergarten. Sicher: Viele Paare leben auch heute noch freiwillig nach diesem Modell. Dagegen ist nichts zu sagen. Doch wer anders leben möchte, muss die Möglichkeit bekommen. Eine "wirkliche Wahlfreiheit" gibt es nur, wenn es Kita-Plätze gibt.
Quelle: ntv.de