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Zwischenruf Linksruck in Südafrika?

Es war absehbar, dass Südafrikas Staatpräsident Thabo Mbeki nicht an die Spitze des Afrikanischen Nationalkongresses (ANC) wiedergewählt würde.

Seit die Regierung auf Betreiben des früheren Kommunisten Mbeki Mitte der 90er auf einen neoliberalen Wirtschaftskurs einschwenkte, gelang unbestritten ein wirtschaftlicher Aufschwung, von dem andere Länder des Schwarzen Kontinents nur träumen können. Doch beim ökonomischen Sprung nach vorn blieb die Mehrheit der Bevölkerung in den Startlöchern zurück. Die schwarze Bourgeoisie, die sich herausbildete und häufig genug aus einstigen Untergrundkämpfern gegen die Apartheid rekrutierte, scherte sich zumeist einen Teufel um die Belange der Armen. Die hatten zwar rechtliche Gleichheit erlangt, das Leben änderte sich nicht im erhofften Maße. Anti-Armutsprogramme waren wenig mehr denn Tropfen auf den heißen Stein.

Die Wahl von Jacob Zuma zum Vorsitzenden des ANC ist die Quittung. Der umstrittene Politiker schwingt gern sozialistische Parolen, Sozialist oder Kommunist war er nie. Zuma, zwar aktives Mitglied der kommunistisch geführten ANC-Guerilla Umkonto we Sizwe, blieb dem schwarznationalistischen Gründungsideal der ältesten Partei am Kap verbunden.

Er liebt den Luxus und führt ein ausschweifendes Leben; sein Finanzberater wurde wegen Korruption zu 15 Jahren Gefängnis verurteilt. Im Vorfeld seiner Wahl hatte Zuma es nicht verabsäumt, der Bush-Administration zu versichern, dass in der Wirtschaft alles beim Alten bleiben würde.

Gewählt werden konnte der Zulu nur, weil ihn der linke Mehrheitsflügel des ANC, die mächtige Gewerkschaftsföderation COSATU und die KP unterstützten. Die werden fordern, dass er seine sozialen Versprechen einlöst. Sollte er 2009 nach dem Ende der Amtszeit Mbekis tatsächlich zu dessen Nachfolger gekürt werden, stünden die Chancen für eine Umverteilung dank des Haushaltsüberschusses gar nicht so schlecht. Fraglich ist, ob Zuma dazu bereit ist.

Die kommenden zwei Jahre werden für die südafrikanische Demokratie zu einer harten Probezeit. Sowohl die Anhänger Mbekis als auch die seines Gegenspielers tun gut daran, eine offene Konfrontation zu vermeiden. Die Kommunisten haben bereits zur Wahrung der Einheit aufgerufen. Ein Bruch würde das Land an den Rand eines Bürgerkriegs führen. Dies würde auch das Ende Südafrikas als Stabilisator und Mittler in den vielfältigen innerafrikanischen Konflikten bedeuten.

Gleichwohl hat mit der Wahl Zumas eine neue Phase in der politischen Polarisierung des Landes begonnen, an deren Ende auch das Ende des ANC als Mehrklassenpartei stehen wird. Es wird darauf ankommen, den Übergang Südafrikas zur Mehrparteiendemokratie ebenso friedlich zu gestalten wie den Übergang von der Apartheid zur ANC-Demokratie.

Quelle: ntv.de

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