Kommentare

Idealer Gegenentwurf zu Trump Michelle Obama hat alles, was den Demokraten fehlt

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Von vielen bewundert: die ehemalige First Lady Michelle Obama.

Von vielen bewundert: die ehemalige First Lady Michelle Obama.

(Foto: picture alliance / AP)

Die Zeichen stehen hervorragend für Donald Trump. Nicht zuletzt, weil seine aussichtsreichste Kontrahentin bislang keine politischen Ambitionen hegt. Dabei wäre Michelle Obama die perfekte Gegenkandidatin.

Wenn es eines gibt, worüber bei den Demokraten Einigkeit herrscht, dann das: Bei der Präsidentschaftswahl im November steht nichts Geringeres als die Demokratie der USA auf dem Spiel. Das klingt nach dem üblichen Wahlkampfpathos, ist aber nicht ganz falsch. Der Trumpismus greift erneut nach der Macht, und das demokratische System ist darin kein unverrückbarer Grundkonsens, sondern nach Belieben formbare Verfügungsmasse.

Das beweist der von Donald Trump angefeuerte Kapitol-Sturm, das beweist das von erzkonservativen Vordenkern entwickelte "Project 2025", von dem sich Trump zwar öffentlich distanziert, an dem aber etliche seiner Berater mitgearbeitet haben. Ihre angestrebte Dekonstruktion des amerikanischen Staatsapparats ist darin erschreckend transparent aufgeschlüsselt. Inmitten dieses aufziehenden Autoritarismus hatte Präsident Joe Biden versucht, sich als Galionsfigur gegen die Tyrannei zu inszenieren, bis es dann - nach massivem innerparteilichem Druck - in einem X-Post hieß: Ich mach's doch nicht.

In Stellung bringt sich Bidens Stellvertreterin Kamala Harris. Das mag die naheliegendste Option, vielleicht auch die logische Konsequenz sein, ein Feuer entfacht die Personalie nicht. Als Vize-Präsidentin war sie weitgehend unsichtbar, ob sie das Zeug hat, die Mehrheit der Wählerinnen und Wähler zu überzeugen, ist fraglich. Gehandelte Mitbewerber bekunden dennoch ihre Unterstützung. Teils, um Geschlossenheit zu demonstrieren, teils, weil sie sich für die Wahl 2028 wohl bessere Chancen ausrechnen, anstatt in diesem Jahr als Hau-Ruck-Kandidat gegen Trump abzuschmieren. Demokratierettung sieht anders aus.

Die perfekte Gegenkandidatin

Wenn es doch nur jemanden gäbe, der die Wählergunst auf seiner Seite hätte, der den Esprit und die Popularität mitbrächte, um es mit Trump aufzunehmen. Nun ja, die gäbe es: Michelle Obama. Einer Anfang Juli veröffentlichten Umfrage zufolge könnte sie Trump vernichtend schlagen. Michelle Obama vereint alles, um als perfekte Gegenkandidatin zum polternden Republikaner auftreten zu können: Sie hat Charisma, strahlt Werte, Empathie und Seriosität aus. Eine Umfrage kürte sie mehrere Jahre in Folge zur am meisten bewunderten Frau der USA.

Dass sie nie ein politisches Amt innehatte, ist im personenzentrierten und emotionsgeladenen US-Wahlkampf kein Hindernis, siehe Donald Trump. Sie brächte frischen Wind in den angestaubten, von alten Hasen dominierten Politikbetrieb, und gleichzeitig ein Standing mit: Die Zeit rennt für die Demokraten, und Michelle Obama müsste sich nicht erst in der Breite der US-amerikanischen Öffentlichkeit etablieren, vielmehr hätte sie diverse Wählerschichten bereits hinter sich versammelt. Nur sie könnte die blamable Debatte um Bidens Altersschwäche durch eine "Yes we can"-Renaissance schnell vergessen machen.

Michelle Obama will nicht

Der Haken: Sie möchte nicht. Michelle Obama betonte in den vergangenen Jahren mehrfach und unmissverständlich, keinerlei politische Ambitionen zu hegen, trotz aller Abneigung gegen Trump. Das kann man ihr nicht verübeln. Allerdings waren ihre Dementis stets an reines Wunschdenken ihrer Bewunderer gekoppelt. Einen wirklichen Grund, in die politische Offensive zu gehen, gab es für sie nie. Nicht, als Biden, immerhin eng mit der Familie Obama verbunden, Trump herausforderte und letztlich schlug. Nicht, als Bidens Wiederantritt noch als unverhandelbar betrachtet wurde.

Mehr zum Thema

Jetzt ist die Situation eine gänzlich andere. Die letzten Wochen haben die Demokraten entblößt. Bidens Rückzug, so folgerichtig er war, hinterlässt eine Leerstelle, die höchstens durch eine Notlösung gefüllt werden kann. Währenddessen wähnt sich Trump nicht nur auf der Siegerstraße, er scheint schon fast im Ziel zu sein.

Interpretationsspielraum gab jüngst Ex-Präsident Barack Obama. Dass er in seinem Statement zu Bidens Verzicht Kamala Harris unerwähnt ließ, deutete so mancher als Zeichen für ein Umdenken seiner Frau. Echte Hinweise darauf gibt es jedoch nicht. Zunächst bleibt Michelle Obama lediglich Projektionsfläche: als heilbringendes Gegengewicht zu Trump, als dringend benötigte Retterin der bedrohten Demokratie.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen