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Posten für die Meuterer? Netanjahu hat die Wahl

Staatspräsident Schimon Peres hat seine alten Allianzen zur Kadima Partei nicht vergessen. Am Freitagmorgen bemühte er sich noch in separaten Gesprächen mit Benjamin Netanjahu und Zipi Livni um eine "große Koalition", oder wie sich das in Israel nennt, eine "Koalition der nationalen Einheit".

Netanjahu und Livni wähnten sich als Wahlsieger. Livni, weil sie mit der größten Partei in die nächste Knesset einzieht und Netanjahu, weil er den größeren Parteienblock hinter sich weiß. 65 von 120 Abgeordnete hatten bei den Konsultationen mit Peres das Votum für Netanjahu abgegeben, als potentiell erfolgreichster Politiker umgehend eine Regierungskoalition zusammenzustellen und nächster Premierminister Israels zu werden. Obgleich der Staatspräsident damit kaum einen Spielraum hat, behagte ihm offenbar nicht die Vorstellung, dass Israel wieder von einer rechtsgerichteten Regierung geführt werde.

Am Mittag kehrte Netanjahu zurück in Jerusalems Präsidentenstraße, um offiziell von Peres beauftragt zu werden. 28 Tage hat er nun Zeit, die Koalitionsverhandlungen abzuschließen.

Kadima oder Likud?

Wie Netanjahus Koalition am Ende aussehen wird, lässt sich trotz relativ klarer Kräfteverhältnisse im Parlament nicht mit Sicherheit vorhersehen. Zipi Livni und ihre Kadima-Partei dürften noch nicht das letzte Wort gesagt haben. Denn Kadima ist 2005 von Ariel Scharon geschaffen worden, die Regierung anzuführen und nicht in der Opposition zu sitzen. Viele Abgeordnete von Kadima, Livni inklusive, stammen aus dem Likudblock und unterscheiden sich ideologisch kaum von Netanjahu. Doch andererseits dürfte Netanjahu kein übermäßiges Interesse haben, die besten Ministerposten an die ehemaligen Meuterer des Likud abzugeben.

Der Chef der drittgrößten Partei, Israel-Beitenu mit Avigdor Lieberman an der Spitze, hat sich gegenüber Peres zwar für Netanjahu als nächstem Regierungschef ausgesprochen. Doch hat Lieberman seine Empfehlung an die Bedingung geknüpft, dass Netanjahu eine große Koalition zusammenstellen möge. Lieberman dürfte so versuchen, die frommen, religiösen und orthodoxen Parteien von der Macht fernzuhalten.

Bei dem reichlich unentschiedenen Wahlergebnis gibt es viele Optionen. Wie das Endresultat aussieht, dürfte vom Verhandlungsgeschick der beteiligten Parteien und der Fähigkeit Netanjahus abhängen, alle Anwärter auf Ministerposten zu beglücken.

Es geht um die Einheit des Landes

In einer kurzen Rede dankte Netanjahu dem "großen Patrioten" Peres und rief die Parteien zur dringend notwendigen "Einheit" in einer Zeit dringender und schwerwiegender Herausforderungen. Netanjahu bezeichnete Irans Streben nach einer Atombombe als "die größte Gefahr für den Bestand Israels seit seiner Gründung". Netanjahu rief ausdrücklich Zipi Livni auf, angesichts dieser Herausforderungen "die Politik beiseite zu legen" und sich seiner künftigen Regierung anzuschließen.

Der Nahe Osten ist sein Metier. Ulrich W. Sahm berichtet seit Mitte der 70er Jahre aus der Region - immer auf der Suche nach der Geschichte hinter der Nachricht.

Quelle: ntv.de

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