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Zwischenruf Neue Farbenkunde in Österreich

Trotz des erdrutschartigen Wahlsiegs für die Rechtsextremen bei den Parlamentswahlen in Österreich schienen ihre beiden Parteien kaum eine Chance zu einer Regierungsbeteiligung zu haben. Der Tod von Jörg Haider hat seiner BZÖ und der FPÖ seines einstigen Gegenspielers Heinz-Christian Strache neue Wege eröffnet.

Solange der Kärntner Landeshauptmann lebte, war an eine Koalition der konservativen ÖVP mit BZÖ und FPÖ nicht zu denken. Alles lief auf die Fortsetzung der Großen Koalition zwischen Österreichischer Volkspartei und Sozialdemokratischer Partei hinaus. Wenngleich die SPÖ - zwar stärkste Partei aber wie die ÖVP ihr schlechtestes Wahlergebnis in der Geschichte der Zweiten Republik einfuhr.

Nun schließt die ÖVP ein schwarz-blau-orangefarbenes Bündnis nicht mehr aus. Das wäre zu Lebzeiten Haiders undenkbar gewesen. Galt der Klagenfurter Regierungschef doch zu Recht als Galionsfigur der Schlips-und-Kragen-Nazis nicht nur im deutschsprachigen Raum, sondern in ganz EU-Europa. Zwar ist Strache noch einen Zahn schärfer, aber nicht so negativ wirkungsvoll wie Haider es war. Sollten sich FPÖ und BZÖ auf eine Zusammenarbeit mit der Perspektive eines Zusammenschlusses einigen, hätte die Alpenrepublik erstmals seit 1945 wieder eine starke rechtsextreme Kraft im Nationalrat.

Der designierte Nachfolger Haiders an der Spitze des BZÖ, der 27-jährige Stefan Petzner, allein wäre nicht zuletzt aufgrund seines Alters, vor allem aber wegen seines fehlenden Charismas kaum in der Lage, die FPÖ zu führen. Es ist zweifelhaft, ob ein vom bisherigen Parteisprecher geführtes BZÖ in Kärnten wieder eine Mehrheit erringen, geschweige denn bundespolitische Bedeutung erreichen könnte. Mit einem Zusammengehen von FPÖ und BZÖ kämen die Strammrechten einem drohenden Rückfall in die Bedeutungslosigkeit zuvor, wie die nach dem Attentat auf den niederländischen Rechtspopulisten Pim Fortuyn mit dessen "Liste" der Fall war.

Sozialdemokraten und Volkspartei wären gut beraten, ihre unverändert bestehenden Meinungsverschiedenheiten hintanzustellen. Eine Große Koalition in Wien ist vielleicht nicht die beste, aber die einzig gangbare Lösung um eine Einflussnahme des institutionalisierten Rechtsextremismus auf die Regierungspolitik des EU-Landes zu verhindern. Ein Berlusconi samt neofaschistischem Appendix reicht. Und eigentlich ist auch der schon zu viel.

Quelle: ntv.de

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