Zwischenruf No. 400 Neues vom Gordischen Knoten
28.11.2007, 14:40 UhrIsrael und die PLO haben sich nach sieben Jahren des Stillstands und der Konfrontation auf neue Friedensverhandlungen geeinigt. Im Unterschied zu früheren Versuchen hat es sogar einen Zeitrahmen, wenn auch einen vagen: Bis Dezember 2008 wollen die Seiten alles getan haben um zu einer Einigung zu kommen. Am Ende soll eine Zwei-Staaten-Lösung stehen. Das ist ein ermutigendes Zeichen. Aber dann beginnt auch schon die Crux: Zwar ist der Partner auf palästinensischer Seite unverändert die Palästinensische Befreiungsorganisation unter ihrem "chairman" Mahmud Abbas, der gleichzeitig der Autonomiebehörde vorsteht.
Doch beide repräsentieren nicht mehr die Palästinenser oder zumindest deren überwältigende Mehrheit. Abbas hat nur im Westjordanland das Sagen, und das auch nur bedingt. Der Gazastreifen bleibt außen vor. Dort hat sich die Hamas die Alleinherrschaft erputscht, die die Vereinbarungen von Annapolis schon in Bausch und Bogen zurückgewiesen hat. Ohne Gaza gibt es keinen Frieden.
Der schmale Küstenstreifen mit der höchsten Bevölkerungsdichte der Welt bleibt der Vulkan, auf dem alle Beteiligten tanzen. Hinter der Hamas aber steht der Iran, wo jetzt eine "Anti-Annapolis-Konferenz" inszeniert wird. Bei allem Jubel: Der Ansatzpunkt von Annapolis ist falsch. Die Palästinenserfrage soll nicht mit den Palästinensern gelöst werden, sondern gegen einen Teil von ihnen. Nicht alle interessierten islamischen Staaten werden einbezogen, sondern einige. Die Teilnahme Saudi-Arabiens an der Konferenz im US-Bundesstaat Maryland erklärt sich aus seiner Furcht vor dem immer mächtiger werdenden Iran. Ein palästinensischer Staat, der gegen die Interessen der Hamas und damit auch des Iran gerichtet ist, schafft einen neuen Dauerkonflikt. Hier geht es nicht um die moralische Bewertung eines selbsternannten schiitischen "Gottesstaates". Ebenso wenig steht ein Urteil über den wahhabitischen Fanatismus der saudischen Königsfamilie zur Debatte. Es geht um Realpolitik. Annapolis aber geht an den Realitäten vorbei und versucht gar, sie zu verändern.
Hier wären die Europäische Union, namentlich Deutschland sowie Russland gefragt. Beide haben in unterschiedlichem Maße Drähte nach Teheran, über die weder die USA noch Israel oder die Autonomiebehörde verfügen. Die Probleme, die es zu lösen gilt, sind Legion: die Grenzen eines künftigen Palästina, der Status Jerusalems, die Sperrmauer, die Flüchtlingsfrage. Und schließlich geht es auch um die von Israel besetzten syrischen Golan-Höhen.
Ohne eine "Iran Connection" bleibt der Nahe Osten ein Gordischer Knoten. Es gibt zwei Varianten, wie der große Alexander das Problem gelöst hat: Die eine besagt, er habe ihn mit dem Schwert zerschlagen. Die andere, der Makedone habe einfach den Pflock herausgezogen, der den Knoten zusammenhielt. Die letztere Version wäre der bessere Weg zum Frieden.
Quelle: ntv.de