Zwischenruf Noch zehn Jahre Afghanistan?
18.08.2009, 16:21 Uhr
Vor der Wahl hat die Zahl der Anschläge noch einmal zugenommen.
(Foto: REUTERS)
Was in Berlin, London und Washington gern als Verschlechterung der Sicherheitslage beschrieben wird, ist in Wahrheit die Ausdehnung des Krieges auf immer größere Landesteile. Am Vorabend der Präsidentenwahlen haben die Taliban ihre Terror- und Kampfhandlungen noch einmal intensiviert. Die US-Truppen bleiben mit ihrer vor Monatsfrist begonnenen x-ten Großoffensive im Süden und Südosten ohne großen Erfolg.
Präsident Barack Obama meint, man müsse Geduld haben. Wie lange eigentlich? Ex-Bundesverteidigungsminister Peter Struck sagt, wenn nötig, dann eben noch zehn Jahre. Sein Nachfolger Franz Josef Jung meint, fünf bis zehn Jahre. Heilige Einfalt!
Das wären dann 18 Jahre Krieg, länger als alle anderen seit dem ersten Britisch-Afghanischen Krieg von 1839. Beider Amtsvorgänger Volker Rühe nennt den Einsatz zu Recht ein Desaster.
Zahl der Opfer steigt
Von einer neuen Strategie in Afghanistan wird viel gesprochen; geändert hat sich kaum etwas. Der neue NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen will immer mehr Soldaten an den Hindukusch entsenden. Insgesamt fanden dort bislang 1.249 ausländische Soldaten den Tod, davon 38 Deutsche. Die britischen Truppen haben mehr als 200 Tote, die US-Streitkräfte mehr als 740 Tote zu beklagen. Wie hoch würde die Zahl in zehn Jahren sein?
Gleich, wie viele der 17 Millionen registrierten Wähler am Donnerstag von ihrem Stimmrecht Gebrauch machen, gleich ob mit Karsai ein früherer US-Erdöllobbyist oder mit Abdullah Abdullah ein Exponent der ehemaligen Nordallianz gewinnt: Afghanistan bleibt auf absehbare Zeit ein Land, das mit parlamentarischer Demokratie wenig am Turban hat. Aber das Blutvergießen kann enden, wenn ernsthafte Friedensgespräche beginnen. Dazu hat Abdullah die besseren Voraussetzungen: Er hat mit den Vorläufern der Taliban gemeinsam gegen die sowjetische Invasion gekämpft, Karsai … nur Geld gespendet. Manchmal muss der Teufel eben doch mit dem Beelzebub ausgetrieben werden.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de