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Zwischenruf Nordkorea: Als ob ein Gott gegangen wäre

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(Foto: AP)

Es sind Bilder einer anderen Welt. Wehklagende Massen trauern tagelang um ihren "geliebten Führer", den Diktator Kim Jong Il. Dessen Nachfolger, wie zu Feudalzeiten inthronisiert, ist noch immer ein Rätsel. Und es bleibt die Frage: Wird sich das hermetisch abgeriegelte Land ändern?

Der Tränenfluss scheint unerschöpflich.

Der Tränenfluss scheint unerschöpflich.

(Foto: REUTERS)

Es sind , die uns dieser Tage aus dem erreichen. Weinende, klagende Menschen, die auf Knien die Hände ringen, ein junger Bengel, der dreinschaut wie ein Fünfzigjähriger, ein Land, das hysterisch den Tod seines obersten Repräsentanten betrauert. Sogar , und über irgendeinem Berg erscheinen Schriftbilder vom Verstorbenen am Himmel. Es ist, als ob ein Gott von dieser Welt gegangen wäre, als ob er nicht schon zuvor auf dem Olymp gelebt hätte. Das Schlimme daran ist, dass die Trauer mehrheitlich nicht gespielt ist. Die jahrzehntelange pseudoreligiöse Gehirnwäsche und die totale, auch kommunikative, Abgeschiedenheit der Nordkoreaner lässt die meisten von ihnen das Elend als Paradies empfinden. Insofern sind Erwartungen unangebracht, dass sich das Volks nach dem Tod des Tyrannen auch gleich daranmacht, dessen Clique hinwegzufegen.

Die Inthronisation des jüngsten Sohnes von gleicht feudalen Traditionen einer längst vergessenen Zeit. Am geht es demokratischer zu als in einem Regime, das die Attribute Volk, Republik und Demokratie im Staatsnamen trägt. An Feudalzeiten erinnert auch, dass dem Thronfolger allerlei Tanten und Onkel zur Seite gestellt werden, welche die Stellung des unerfahrenen Sprösslings stärken sollen. Einer aus der Riege, , mag Anlass zur Hoffnung geben. Das Auf-und-Ab der Karriere des 65-Jährigen, seine Aufenthalte im Ausland, könnten ihn zur Einsicht bewegen, dass es so nicht weitergehen kann. Kim Jong Un soll in der Schweiz zur Schule gegangen sein. Auch dies könnte bewirken, dass er Hunger und Not nicht als Erfüllung eines Menschheitstraumes ansieht. Garantien sind all dies nicht. Selbst, wenn er und sein Oheim es wollten: Ein über Dekaden gewachsener Apparat aus Militärs, Parteibonzen und Geheimdienstlern steht einem Wandel entgegen.

Zehntausende säumen die Straßen.

Zehntausende säumen die Straßen.

(Foto: dpa)

Wenn es zu Veränderungen kommt, werden sie erst einsetzen, wenn der Clan seine Position gefestigt hat. Sie werden zähflüssig verlaufen und von längerer Dauer sein. Am ehesten ist nach chinesischem Vorbild eine vorsichtige Öffnung der Wirtschaft zu erwarten. Ansätze gibt es in Gestalt der nord-südkoreanischen Sonderzone Kaesong an der Grenze zum Süden und dem chinesisch-nordkoreanischen Wirtschaftsexperiment Rason im Nordwesten in der Nähe der Grenze zu China und Russland. Südkorea drängt auf die Schaffung einer gemeinsamen ökonomischen Zone südlich der Waffenstillstandslinie am 38. Breitengrad, um so schrittweise Voraussetzungen für eine Wirtschaftsgemeinschaft zu schaffen.

Jegliche Versuche des Westens, Druck auf das Regime auszuüben, werden reflexhaft zu isolationistischen Abwehrreaktionen, militärischen Drohgebärden der Atommacht und Verstärkung der Repression nach Innen führen. Man muss Nordkorea eine Chance geben. Das Volk hat ein Recht darauf, endlich menschenwürdig zu leben.

Quelle: ntv.de

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