Zwischenruf Nur Bahnfahren ist schöner
25.09.2012, 17:56 UhrDie Deutsche Bahn will wieder einmal die Fahrpreise erhöhen. Der Staat sollte seine Verantwortung für das Staatsunternehmen wahrnehmen und die Notbremse ziehen. Volkswirtschaftlich und umweltpolitisch gesehen ist es Irrsinn, wenn man mit dem Flugzeug vielfach billiger reisen kann als auf der Schiene.
  Berühmt für Verspätungen: Die Deutsche Bahn erhöht ihre Preise.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Deutsche Bahn AG erhöht die Preise. (Fast) alle Jahre wieder, pünktlich vor Inkrafttreten des Winterfahrplans. Deshalb hat auch niemand die Ankündigung von Konzernchef Rüdiger Grube im März ernst genommen, er wolle möglichst ohne Preissteigerungen auskommen. Denn schon der Nachsatz, er stehe ja einem Wirtschaftsunternehmen vor, ließ ihn zum Pinocchio werden. Genau da liegt der Hase im Pfeffer, oder um bei Pinocchio zu bleiben, sind die Goldstücke verbuddelt.
Der Zwang, Profit zu erwirtschaften, treibt die Preisspirale immer weiter in die Höhe. Hier zu subventionieren, wäre sinnvoll. Das Bundesverkehrsministerium muss stärker regulieren. Stattdessen kommen aus dem Hause Ramsauer so wundersame Dinge wie die Knöllchen- und Verkehrsschildreform sowie die Radleroffensive. Da bleibt keine Zeit für Lappalien wie die Preise bei der Staatseisenbahn. Gleistransporte müssen Wirtschaft ermöglichen, sind sozusagen Teil des ökonomischen Blutkreislaufs. Wer immer nur auf den Profit schielt, macht alles immer teurer und nur scheinbar rentabler. Erinnert sich noch jemand an den Spruch "Von der Straße auf die Schiene"? Das Ergebnis sind hoffnungslos vollgestaute Autobahnen und Innenstädte, über denen stinkende Abgaswolken hängen.
Geheimnis der Verspätungsstatistik
Schon im vergangenen Jahr hat die Bahn mit Preiserhöhungen einen guten Schnitt gemacht. Das dürfte 2012 kaum anders sein. Nur die Qualität hat sich - im Verhältnis zum Gewinn – nicht erhöht. Zugverspätungen gehören zum Alltag. Immerhin: Mit einem Klick auf https://www.bahn.de/p/view/buchung/auskunft/puenktlichkeit kann man seit vergangenem Jahr das Geheimnis der Verspätungsstatistik lüften, das bis dato besser geschützt war als die Goldbarren von Fort Knox. Demnach betrug die sogenannte durchschnittliche Pünktlichkeitsquote von Januar bis August 2011 bei ICE und Intercity 80,4, die der Regionalzüge 93,5 Prozent.
Es stimmt: Die Preiserhöhungen sind im Vergleich zu anderen europäischen Bahnunternehmen nicht übermäßig hoch. Aber das macht das Ganze doch nicht besser. Die Sparpreise blieben stabil, heißt es beim Unternehmen. Der Fahrgastverband Pro Bahn sagt, die Fahrkarten würden künstlich verknappt und die Preise damit im Durchschnitt in die Höhe getrieben. Und warum die Ländertickets in den meisten Bundesländern einen Euro, in Bayern aber nur 50 Cent teurer werden, ist ein neuerliches Bahngeheimnis, das es zu lüften gilt.
Es ist volkswirtschaftlicher und ökologischer Irrsinn, dass ein Flugticket von Berlin nach Rom oder Köln billiger sein kann, als eine Bahnfahrt dorthin. Aber wie sagte dereinst Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt: "Wirtschaft findet in der Wirtschaft statt." Mit anderen Worten: It’s the system, stupid!
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de