Kommentare

Mut zur Demut Nur einer fehlt noch

Es mag auch ohne Doktor gehen, ohne den Mut zur Wahrheit geht es nicht. Wenn Ex-Verteidigungsminister Guttenberg tatsächlich ein politisches Comeback im Auge hat, ist jetzt eine glasklare Entschuldigung fällig.

Karl-Theodor zu Guttenberg bei seiner Rücktrittserklärung am 1. März.

Karl-Theodor zu Guttenberg bei seiner Rücktrittserklärung am 1. März.

(Foto: picture alliance / dpa)

Karl-Theodor zu Guttenberg plant ein "Sabbatical" im Ausland. Für mindestens zwei Jahre wolle der frühere Verteidigungsminister mit seiner Familie nach London oder in die USA ziehen, meldet der "Spiegel". Für die Zeit danach schließe er eine Rückkehr in die Politik nicht aus.

Ist das realistisch? Zwar hat CSU-Chef Horst Seehofer mehrfach betont, die Partei stehe zu ihrem einstigen Superstar. Doch nach dem Urteil der Universität Bayreuth ist Guttenberg viel zu schwer angeschlagen, um darauf hoffen zu können, dass die Zeit alle Wunden heilt. Für die offenbar dilettantisch vorbereitete Bundeswehrreform mag dies gelten, nicht jedoch für die Plagiatsaffäre. Zu deutlich hat die Kommission der Hochschule betont, "dass Herr Frhr. zu Guttenberg die Standards guter wissenschaftlicher Praxis evident grob verletzt und hierbei vorsätzlich getäuscht hat".

In seiner Stellungnahme für den Kommissionsbericht hatte Guttenberg den Eindruck zu erwecken versucht, eben nicht vorsätzlich gehandelt zu haben. Danach: Funkstille. Wer auf Guttenbergs Facebook-Seite nach einer Reaktion auf das Urteil der Uni sucht, wird enttäuscht. Der letzte Eintrag ist vom 22. März, ein Video, in dem er seinen Unterstützern "von ganzem Herzen" dankt.

Guttenberg hatte seine Stellungnahme abgegeben, bevor das Gutachten veröffentlicht wurde - sollte er auch jetzt noch dabei bleiben, müsste man ihn, sofern man die Hochschulkommission ernst nimmt, einen Lügner nennen. Natürlich trifft dies auch für die Zeit vor dem 11. Mai zu - dem Tag, an dem der Kommissionsbericht erschien. Und doch gilt für Angeklagte nicht nur die Unschuldsvermutung, sondern auch das Recht, auf Teufel komm raus zu lügen. Zur Erinnerung: Die Staatsanwaltschaft Hof ermittelt noch immer gegen Guttenberg.

Wenn er jedoch ernsthaft daran denkt, ein Comeback zu wagen, so muss Guttenberg die Rollen wechseln: vom Angeklagten zurück zum Politiker. Allen Klischees zum Trotz darf ein Politiker nicht die Lüge zur Wahrheit erheben. Bevor er seine Koffer packt, will Guttenberg sich laut "Spiegel" noch einmal zu der Affäre um seine Doktorarbeit äußern. Hier kann er den Grundstein legen: Alles andere als eine glasklare Entschuldigung, für die Doktorarbeit, vor allem aber für sein unsägliches Verhalten in der Plagiatsaffäre, würde der langen Liste von Peinlichkeiten nur eine weitere hinzufügen.

Viele der noch immer zahlreichen Guttenberg-Fans haben noch immer nicht verstanden, warum der Rücktritt richtig und unausweichlich war. Genau diese Erklärung ist er vor allem diesen Menschen schuldig.

Im Idealfall nutzt Guttenberg sein Sabbatical, um eine Dissertation zu schreiben - das wäre ein Comeback mit Stil. Zwingend ist dies nicht, es geht auch ohne Doktor. Doch ohne Wahrheit geht es nicht. Vor ein paar Jahren warb Guttenbergs Hauszeitung mit dem Spruch "Jede Wahrheit braucht einen Mutigen, der sie ausspricht". Es gibt auch Wahrheiten, die offen zutage liegen und längst mehrfach ausgesprochen wurden. Nur einer fehlt noch. Vielleicht findet er jetzt den Mut.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen