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Zwischenruf Pause ist angebracht

Nach dem unerwartet raschen Urteil der österreichischen Richter gilt Thüringens Ministerpräsident Dieter Althaus in der Alpenrepublik als vorbestraft. Ob der einstige stellvertretende Schuldirektor aus dem Eichsfeld nun leichtsinnig, fahrlässig oder übermütig gehandelt hat, ist dabei unerheblich. Eine Mitschuld an dem Tod der 41-jährigen hatte er bereits eingeräumt; die alleinige Schuld wollte er nicht auf sich nehmen. Sollte er nun zurücktreten, als Ministerpräsident und als Spitzenkandidat seiner CDU für die Landtagswahlen im August?

Ein Ministerpräsident, der im Ausland wegen fahrlässiger Tötung verurteilt wurde, ist ein Problem. Als Anwärter auf die eigene Nachfolge kann der Richterspruch zu einer ernsthaften Belastung für die Partei werden.

Selbst, wenn Althaus’ politische Gegner sich im Wahlkampf politically correct verhalten wollten und darauf verzichteten, die Vorstrafe zum Wahlkampfthema zum machen, das Problem wird unterschwellig präsent sein. In der Hitze des Gefechts kann es sogar zum Hauptthema werden. Hinzu käme, dass sich der Wähler, beeinflusst durch die Medienberichterstattung, fragt, wieso er Althaus seine Stimme geben sollte, wenn er doch am Tod eines Menschen schuld sein soll.

Es ist zudem ungewiss, ob Althaus in der seelischen und körperlichen Verfassung ist, einen Wahlkampf durchzustehen. Sein Bruder meinte im MDR, Dieter Althaus sei "definitiv nicht der Alte, weder im Aussehen noch in seinen Verhaltensweisen".

Zurückhaltung könnte seiner CDU mehr Nutzen bringen. Überhaupt ist die Frage, ob ihn denn noch alle in der Partei ganz oben auf der Liste sehen möchten. Im vergangenen Jahr musste sich der Mann aus dem Eichsfeld des Vorwurfs erwehren, seine Sekretärin erwarte ein Kind von ihm. In Berichten hieß es damals, das Ganze sei in seiner eigenen Partei angezettelt worden. Auch sei der Stern des ostdeutschen Landsmanns von Angela Merkel in der Bundes-CDU im Sinken begriffen. Dazu hat wohl auch die Althaussche Entscheidung beigetragen, einen Mann, der früher in rechtslastigen Blättern publiziert hat, für das Amt des Kultusministers auszuwählen. Der musste nach wochenlangem Tauziehen unter dem Eindruck einer empörten Öffentlichkeit einen Rückzieher machen.

Die Personaldecke der Erfurter Christdemokraten erscheint so dünn, dass sie eigentlich nicht auf Althaus verzichten können. Mehrere Alternativen sind im Gespräch. Doch haben sie nicht den Glanz, den Althaus trotz vielfältiger Anfeindungen auf viele stets ausstrahlte. Wie man es auch dreht: Ein knappes halbes Jahr vor dem Urnengang steht es nicht gut um die thüringische CDU. Althaus sollte sich rasch entscheiden. Angeraten wäre zumindest eine Karrierepause. Mit dem Vorwurf, schuld an einer Wahlniederlage seiner Partei zu sein, könnte er nicht einmal Landespartei- oder Fraktionschef werden.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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