Zwischenruf Peru: Links um?
11.04.2011, 14:45 UhrDer Linksnationalist Humala bekommt bei der Wahl in Peru die meisten Stimmen, verfehlt aber die absolute Mehrheit. Jetzt geht es in die zweite Runde. Einigen sich die bürgerlichen Parteien, hat Humala keine Chance. Doch rechts von der Mitte herrscht traditionell Streit.
Nach Bolivien, Nikaragua, Venezuela und anderen lateinamerikanischen Ländern erscheint nun auch in Peru ein Linksschwenk möglich. Der ehemalige Armeeoberst Ollanta Humala hat bei den Präsidentenwahlen die meisten Stimmen auf sich vereinigt. Humala stand bereits 2006 kurz davor, unterlag in der Stichwahl aber dem Kandidaten der sozialdemokratischen APRA, Alan García, der diesmal laut Verfassung kein drittes Mal antreten durfte.
Alejandro Toledo, Präsident von 2001 bis 2006 und bei diesem Urnengang mit rund 15 Prozent abgeschlagen, bringt es auf den Punkt, wenn er sagt, dass Humala die Unzufriedenheit von Teilen der Bevölkerung für sich nutzbar machen konnte. Zwar war es García gelungen, die Armut in dem Andenstaat zu verringern. Doch immer noch klafft trotz eines formalen Wirtschaftswachstums die Einkommensschere in dem Andenstaat mit seiner überwiegend indigenen Bevölkerung weit auseinander.
Humala will keine Ratschläge
Das Konzept Humalas ist denkbar einfach: Umverteilung der aus dem Verkauf von Perus Hauptausfuhrprodukt Kupfer erzielten Erlöse zugunsten der Armen, Erhöhung des Mindestlohns, Investitionen in Bildung und Gesundheit. Humala ist der einzige der elf Bewerber, der das liberale Marktmodell ablehnt und sich für eine Förderung der einheimischen Wirtschaft ausspricht. Linksgerichteter Ex-Militär wie Hugo Chávez in Venezuela, wies er jedoch dessen Ratschläge für seinen Wahlkampf zurück. Aber auch Chiles Rechtspräsident Sebastián Piñera bekam eine Retourkutsche, als er sich öffentlich Sorge um die Zukunft chilenischer Investitionen in Peru machte.
In der Stichwahl am 5. Juni muss sich Humala wahrscheinlich Keiko Fujimori, der Tochter des wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit einsitzenden Ex-Staatschefs Alberto Fujimori stellen. Die 35jährige lobt ihren Vater als "besten Präsidenten, den Peru je hatte". Sie liegt nach Auszählung von gut 70 Prozent der Stimmen knapp vor Pedro Pablo Kuczynski, ehemaliger Ministerpräsident, der bis vor kurzem auch noch die US-Staatsbürgerschaft besaß und sich als Neoliberaler bei IWF und Weltbank seine Sporen verdient hat. Keiko Fujimori, Stipendiatin der staatlichen US-Hypothekenbank Fannie Mae, unterscheidet sich in ihren wirtschaftspolitischen Vorstellungen kaum von denen Kuczynskis. Im Unterschied zu diesem setzt sie jedoch wie ihr Vater auf eine extreme Sozialdemagogie mit rassistischen Zügen: Mit diesem Gemisch hatte sich der japanischstämmige Alberto Fujimori vor mehr als 20 Jahren die Sympathien einer Mehrheit der armen indigenen Peruaner gesichert.
Zweite Runde ist offen
Das Ergebnis der zweiten Runde ist offen. Einigen sich die bürgerlichen Parteien, hat Humala keine Chance. Doch das ist angesichts der traditionellen Zerstrittenheit rechts von der Mitte nicht sicher. Der "comandante", wie ihn manch einer nennt, hat jedenfalls vor dem Urnengang am Sonntag recht moderate Töne angeschlagen, um all jene zu besänftigen, die in dem aktiven Katholiken einen "Kommunisten" sehen.
Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.
Quelle: ntv.de