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Absturz von Madrid Politik klärt Schuldfrage

Von Markus Böhnisch, n-tv Studio Madrid

"Eso es Espaa!" - (Das ist Spanien!) - es ist schon so etwas wie die resignierte Entschuldigung gegenüber Kollegen, die sich - gerade in Spanien angekommen - über die hiesige Art der Informationspolitik beklagen.

Der Flugzeugabsturz vom 20. August ist wieder so ein Beispiel, bei dem Journalisten aus anderen Ländern permanent vor Wände rennen und man selbst wieder merkt, was man an Deutschland so schätzt. Ob es ein Überbleibsel der Diktatur ist oder einfach nur eine andere Art zu kommunizieren, das Ergebnis zählt und das ist schlecht. In Spanien gibt es kaum ein Ereignis, zu dem nicht die Politik ihren Senf dazugeben muss. Anders gesagt: In Spanien ist alles Politik.

So auch beim Absturz der Spanair-Maschine mit ihren 153 Toten. Die mit mangelndem Sachwissen behaftete Verkehrsministerin Alvarez gibt der Öffentlichkeit am Tag nach dem Absturz ein paar Details bekannt - nicht etwa bei einer Pressekonferenz, sondern in einem Radiointerview. Oppositionschef Rajoy besucht die Angehörigen und spricht im Namen seiner Parteimitglieder (und sonst keinem?) sein Beileid aus. Der Ministerpräsident der Kanaren erklärt, was auf dem Video der Überwachungskameras zu sehen ist und der Direktor der spanischen Luftfahrtbehörde beantwortet nach und nach am Telefon individuelle Fragen von Journalisten.

Vakuum an Informationen

Pressekonferenzen, die nicht nur der Beileidsbekundung dienen oder zu versichern, dass alles Mögliche zur Aufklärung unternommen werde, die gibt es nicht. Nur Spanair rief die Presse immerhin am Tag nach dem Absturz zusammen, doch nur, weil der Druck zu groß geworden war. Pressekonferenzen der Experten zum Stand der Ermittlungen, zur Erklärung des weiteren Vorgehens, als Zeichen der Transparenz - Fehlanzeige. Was entsteht ist ein Vakuum an Informationen, die die Opfer und Bürger so sehnlich verlangen. Und es sind eben die Politiker, die dieses Vakuum füllen - zweifelhaft und zum Teil im eigenen Interesse.

Kritik an diesem System prallt an den Wänden ab, vor die wir ausländischen Journalisten laufen. "Die Politiker sind dafür doch gewählt", heißt es dann in der Pressestelle der zuständigen Behörde. Auf die Frage, was der Regierungschef Spaniens mit der Aufklärung eines Flugzeugabsturzes zu schaffen hat, gibt es am Ende der Leitung dann keine Antwort. Doch dafür wird die Verkehrsministerin nun auf eigenen Wunsch im Parlament Stellung nehmen. Warum? Es ist eine ideale Gelegenheit zur Selbstdarstellung und weil sonst keiner redet, macht sie es halt. "Eso es Espaa".

Quelle: ntv.de

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