Ende der "Orangenen Revolution" Russland gewinnt mit
07.02.2010, 22:00 Uhr
Wieder strahlender Sieger: Viktor Janukowitsch.
(Foto: dpa)
Oppositionsführer Janukowitsch gewinnt wohl die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Ukraine. Der Sieg ist offenbar dem Wunsch geschuldet, endlich wieder in stabilen Verhältnissen zu leben. Russland jedenfalls kann mit dem Ergebnis sehr zufrieden sein.
Es ist eine Ironie der Geschichte: Viktor Janukowitsch, der im Herbst 2004 bei der "Orangenen Revolution" davongejagt wurde, beerbt nun seinen früheren Jäger Viktor Juschtschenko und wird wohl neuer ukrainischer Präsident. Auch die "Gasprinzessin", Ministerpräsidentin Julia Timoschenko, konnte seinen Erfolg nicht mehr verhindern.

Sie wurde in parteiinternen Kämpfen zerrieben: Julia Timoschenko.
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Der Sieg des Zwei-Meter-Hünen kam allerdings nicht überraschend. Er wird einem Land vorstehen, das in den vergangenen Jahren von einer politischen Krise in die nächste schlitterte. Die ökonomische Lage der Ukraine ist schlecht: Das Schreckenswort "Staatsbankrott" macht seit geraumer Zeit die Runde. Juschtschenkos Partei "Unsere Ukraine" und Timoschenkos Block rieben sich in der täglichen Regierungsarbeit auf und einigten sich – wenn überhaupt – nur auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. Somit könnte Janukowitschs Sieg der Ukraine eine politische Stabilität bringen, vorausgesetzt, seine "Partei der Regionen" kooperiert mit der Gruppierung seiner Konkurrentin.
Janukowitsch nutzte geschickt den Zwist im orangenen Lager. Der gelernte Gasinstallateur erwies sich während des Wahlkampfs als für seine Verhältnisse äußerst wendig. Er nahm die Hilfe westlicher PR-Berater in Anspruch. Außerdem trug der 59-Jährige seine russlandfreundliche Gesinnung nicht wie eine Monstranz vor sich her. Im Gegensatz zu 2004 sprach er bei Auftritten im Westen Ukrainisch. Seine oft praktizierten grobschlächtigen Ausdrücke unterließ Janukowitsch größtenteils.
Russland lehnte sich zurück
Hilfreich war auch der diesmal nur schwache Rückenwind aus dem Norden: Die russische Führung "unterstützte" Janukowitsch, indem sie sich aus dem Wahlkampf weitgehend heraushielt. Sie konnte der Stichwahl auch ganz entspannt entgegensehen, denn mit einer Präsidentin Timoschenko hätte man in Moskau ebenfalls gut leben können. Thematisch waren Janukowitsch und Timoschenko zuletzt gar nicht weit auseinander. Beide streben gute Beziehungen zu Russland an und ein Beitritt der Ukraine zur NATO steht bei Janukowitsch und Timoschenko – im Gegensatz zu Juschtschenko – nicht zur Debatte. Russland hat also die Wahl beim kleineren Nachbarn mit gewonnen.
Auf Janukowitsch wartet nun viel Arbeit. Ihm muss es gelingen, die Ukrainer bei der Bewältigung der ins Haus stehenden schwierigen Aufgaben zu einigen – er muss Präsident aller Ukrainer sein und nicht nur der aus dem russischsprachigen Osten und Süden. Zudem muss er eine am Boden liegende Wirtschaft in Schwung bringen und dazu noch die maroden Staatsfinanzen sanieren – Aufgaben, an denen der scheidende Präsident Juschtschenko gescheitert ist. Janukowitsch wird dabei - anders als sein Vorgänger - auf die einheimischen Oligarchen setzen.

Ende eines Hoffnungsträgers: Viktor Juschtschenko.
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Der neue Präsident wird zudem die Zusammenarbeit mit Russland suchen. Er muss zum Beispiel endlich eine Lösung im Gasstreit finden, die länger trägt. Das liegt auch im Interesse der Europäischen Union, denn die Staaten der Gemeinschaft beziehen mittlerweile 25 Prozent des Erdgases aus Russland; 80 Prozent werden über Pipelines, die durch die Ukraine führen, transportiert. Dabei wird sich Janukowitsch seinen Ukrainern als harter Verhandlungspartner präsentieren müssen.
Wunsch nach Stabilität
Er bleibt ihm gar nichts weiter übrig, als auf die "Ostkarte" zu setzen. Eine EU-Mitgliedschaft der Ukraine gehört derzeit ins Reich der Fabeln, denn die Union hat derzeit mit ihren finanzpolitischen Pflegefällen genug zu tun. Deshalb ist die Ukraine als weiterer – sehr großer – Pflegefall in Brüssel alles andere als willkommen. Kiew könnte – wenn überhaupt – eine privilegierte Partnerschaft angeboten werden.
Die Ukrainer jedenfalls sind der politischen Wirren und des Dauergezänks der Juschtschenko-Zeit überdrüssig und wollen stabile Verhältnisse in ihrem Land. In dieser Hinsicht könnte Janukowitsch bei ihnen relativ schnell Punkte sammeln, denn es kann eigentlich nur besser werden.
Quelle: ntv.de