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Zwischenruf Seehofer: Die Sendung mit der Maut

Horst Seehofer hat eine Idee.

Horst Seehofer hat eine Idee.

(Foto: picture alliance / dpa)

Alle Wahljahre wieder – und auch schon mal zwischendurch – ertönt aus der Münchner Staatskanzlei die Fanfare der PKW-Maut. Diesmal nur für "Ausländer". Doch Bayerns Ministerpräsident treibt weniger die Sorge um den Zustand der deutschen Straße, denn vielmehr die Sorge um die Wählerstimmen an.

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(Foto: picture alliance / dpa)

Man darf gespannt sein, wie sich die CSU aus ihrer selbstgebastelten Mautfalle befreit. Denn niemand, nicht einmal der Parteivorsitzende, Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, selbst glaubt im Ernst daran, dass eine Regierungsbeteiligung an der fehlenden Autobahnmaut für Ausländer scheitert. Es wird wohl so etwas Ähnliches herauskommen wie bei der Rentenangleichung des Ostens an den Westen. Die war auch im Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP festgeschrieben. Das Versprechen geriet ins Vergessen, und kurz vor Ablauf der Legislaturperiode sprach die Union mit Blick auf den Ostprozentsatz von 92 v.H. West von einem "Ergebnis guter Arbeit".

Der Bundesverkehrsminister, auch er CSU-Mitglied, ist fein raus. Er ist im Urlaub und mithin für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. So wird die Kompromissformel denn wohl lauten, dass die Bundesregierung zur "Überwindung des strukturellen Defizits im Verkehrshaushalts eine Entscheidung in Sachen PKW-Maut" – wie die Pressestelle des Ministeriums auf Anfrage formulierte - herbeiführen muss.

Seehofer argumentiert, er fordere die Maut wegen des schlechten Zustands vieler Straßen. Doch von den 53 Milliarden Euro, mit denen die deutschen PKW-Fahrer jährlich zur Kasse gebeten werden, wandern nur um die 18 Milliarden in Straßenbau und Instandsetzung. Eine Umverteilung könnte hier rasch Abhilfe schaffen. Sollte am Ende dann doch eine PKW-Maut für alle Autobahnnutzer herauskommen – eine Abgabe nur für Ausländer verbietet sich durch das EU-Recht - wäre dies selbst bei einem finanziellen Ausgleich für den Autofahrer eine Mehrbelastung.

Doch geht es dem Bayern tatsächlich um das Wohl des Straßenbelags? Schließlich macht der Anteil ausländischen PKW-Fahrer auf deutschen Autobahnen nur fünf Prozent des Gesamtauskommens aus. der Das Ganze bekommt einen xenophoben Touch, wenn man um die Wut – nicht nur vieler Bayern – auf die Ausländer weiß, die gratis über die deutschen Autobahnen brausen, während die Bundesbürger bei ihnen löhnen müssen. Eine Woche vor den Bundestagswahlen werden die Bayern an die Urnen gerufen, um über die Zusammensetzung ihres Landtags abzustimmen. Die Reconquista der absoluten Mehrheit ist d a s Ziel der Christsozialen. Da kann ein wenig Populismus nicht schaden. Man kann sich freuen, dass Seehofer nicht eine PKW-Maut für alle Nicht-Bayern oder Nicht-CSU-Wähler gefordert hat.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 das politische Geschehen für n-tv. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Manfred Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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