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Maßnahmen gegen "Armutsmigration" Seehofers Schocker schockt nicht mehr

Seehofer hat gut lachen: Seine CSU hat mit schrillen Tönen gegen "Sozialschmarotzer" viel Aufmerksamkeit einheimsen können.

Seehofer hat gut lachen: Seine CSU hat mit schrillen Tönen gegen "Sozialschmarotzer" viel Aufmerksamkeit einheimsen können.

(Foto: REUTERS)

Die Regierung will gegen "Armutsmigration" vorgehen. Jeder einzelnen Maßnahme ist anzumerken, dass sie das Produkt einer PR-Kampagne ist. Es handelt sich um bürokratische Monster mit fragwürdigem Nutzen.

Es war der Neujahrsschocker. Die EU gewährte Rumänen und Bulgaren am 1. Januar die volle Arbeitnehmerfreizügigkeit. Und in Deutschland debattierten alle über drohende Armutszuwanderung, Sozialmissbrauch und osteuropäisches Schmarotzertum. Heute ist das Thema den meisten Bürgern nicht einmal mehr der Rede wert. Denn zumindest wer sich Zahlen, Fakten und Empirie nicht vollkommen verschließt, hat mittlerweile begriffen: Es gibt keinen Grund, sich vor schnorrenden Horden aus dem Osten zu fürchten. Die Debatte war nur ein PR-Coup der CSU.

Seehofers Schocker schockt die Menschen zwar nicht mehr. Folgenlos bleibt das neujährliche Spektakel trotzdem nicht - leider. Der CSU ist es gelungen, die Bundesregierung zum Handeln zu zwingen. Das Kabinett hat ein Maßnahmepaket gebilligt. Und Innenminister Thomas de Maizière musste die Pläne zusammen mit Arbeitsministerin Andrea Nahles nun vorstellen.

Beide machten noch einmal deutlich: "Es gibt kein flächendeckendes Problem." Im Gegenteil: "Diese Menschen tragen zum Wohlstand in Deutschland bei." Aber natürlich gibt es, wie bei jeder gesellschaftlichen Gruppe, Urdeutschen inklusive, ausnahmen. Dass die Bundesregierung nun Geld bereitstellt, um den betroffenen Kommunen zu helfen, muss man deshalb nicht kritisieren. Doch dabei bleibt es leider nicht.

Das Problem ist: Es gibt kein Problem

Die Bundesregierung setzt auf Wiedereinreisesperren für Ausländer, die sich nicht an die Regeln halten. Sie will das Aufenthaltsrecht für die Jobsuche auf sechs Monate begrenzen. Sie pocht auf verschärfte Kontrollen bei potenziellen Scheinselbstständigen. Und und und.

Das Problem nur - bei all diesen Maßnahmen handelt es sich um Bürokratiemonster. Wie will die Bundesregierung im Schengen-Raum Wiedereinreisen verhindern? Wie will sie kontrollieren, dass Ausländer, die auch nach sechs Monaten keine Arbeit gefunden haben, das Land verlassen? Und wer bitte soll sich darum kümmern, möglichen Scheinselbstständigen nachzustellen? Natürlich muss die Bundesregierung reagieren, wenn es einen Missstand gibt. Aber eben auch nur dann. Es ist ja nicht so, dass Scheinselbstständigkeit in Deutschland nicht schon verboten wäre.

In dem 139 Seiten starken Katalog, den de Maizière und Nahles nun vorgestellt haben, zeigt sich eines sehr deutlich: Der Aufwand, um ein paar Betrüger zu bestrafen, steht in keinem Verhältnis zum Nutzen. Seehofer und seine CSU würden hier sicherlich widersprechen. Wer sich Zahlen, Fakten und Empirie nicht vollständig verschließt, kann es nicht. Und wenn es schon um Fakten geht - eine Zahl fehlt gänzlich im Maßnahmenpaket. Es gibt bezeichnenderweise keine Angaben dazu, wie viele Rumänen und Bulgaren wirklich "Sozialschmarotzer" sind.

Quelle: ntv.de

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