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Zwischenruf Sterven voor Kabul? Nee!

Drogenverbrennung in Herat.

Drogenverbrennung in Herat.

(Foto: AP)

Die Entscheidung ist gewagt. Nach dem Bruch der Koalition in den Niederlanden durch die Sozialdemokraten droht dem Land ein Rechtsruck.

Man kann den niederländischen Sozialdemokraten vorwerfen, sie hätten den Bruch der Koalition vor dem Hintergrund ihrer schlechten Umfragewerte herbeigeführt. Das hat zweifellos eine Rolle gespielt. Doch mit ihrer Entscheidung entspricht die Partij van de Arbeid dem Willen einer Wählermehrheit, die die Beteiligung ihres Landes am Krieg in Afghanistan ablehnt. Zudem hatte die PvdA einer Verlängerung des Einsatzes nur unter der Bedingung zugestimmt, dass sich die "Nederlandse krijgsmacht" in diesem Jahr vom Hindukusch zurückzieht. Als der christdemokratische Ministerpräsident Jan Peter Balkenende der NATO jüngst schriftlich die Verlängerung des Mandats zusicherte, platzte der Partei der Kragen.

 

Balkenende auf dem Weg zur Königin.

Balkenende auf dem Weg zur Königin.

(Foto: REUTERS)

Die Entscheidung ist gewagt. Dem Land droht ein Rechtsruck. Umfragen sagen den Sozialdemokraten trotz ihres versuchten Befreiungsschlages nur knapp 14 Prozent voraus. Sie haben vor allem an die Linken der Socialistischen Partij verloren, die derzeit drittstärkste Kraft im Parlament. Ursachen sind – ähnlich wie in Deutschland – die Unterstützung des Afghanistaneinsatzes und Hartz-IV-ähnliche "Reformen". Kaum jemand rechnet damit, dass Balkenendes Christdemokraten noch einmal den Ministerpräsidenten stellen werden. Stärkste Partei könnte die rechtsgerichtete "Freiheitspartei" des Pim-Fortuyn-Erben Geert Wilders werden. Der ist zwar für den "Kampf um die Freiheit und gegen die Taliban", meint aber, die Niederlande hätten schon genug dafür getan. Diese verschwurbelte Formulierung kommt bei vielen Wählern als Ablehnung der Präsenz in Afghanistan an.

Zunahme der politischen Instabilität

Nach den Neuwahlen, die spätestens im Juni stattfinden müssen, ist mit einer Zunahme der politischen Instabilität zu rechnen. Bereits die letzten vier Regierungen unter Balkenende mussten ihre Arbeit vorzeitig beenden. Da das niederländische Wahlsystem keine Fünf-Prozent-Klausel kennt, könnten künftig noch mehr als drei Parteien für die Bildung einer Koalition erforderlich sein.

 

21 niederländische Soldaten haben in Afghanistan ihr Leben verloren. Sterben für Kabul, lautet die Frage der Zeitung "De Volkskrant". Sie ist nur allzu berechtigt angesichts des Wahlbetrugs von Präsident Hamid Karsai, dessen Bündnissen mit Warlords und einer rasanten Islamisierung des öffentlichen Lebens. Eine Frage, die sich auch hierzulande die Mehrheit der Wähler stellt. Im Unterschied zur Mehrheit der Bundestagsabgeordneten, die dieser Mehrheit ihr Mandat verdankt.

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

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