Aktionismus vortäuschen Treffen in Jerusalem
11.03.2007, 12:52 UhrVon Ulrich W. Sahm
Das Treffen des israelischen Premierministers mit dem Präsidenten der Palästinenser findet wieder einmal in "privater Umgebung" statt, in der offiziellen Residenz Ehud Olmerts im vornehmen Rehavia Viertel zwischen der Rubin-Akademie für Musik und dem Moment-Caf, das vor vier Jahren von einem Selbstmordattentäter gesprengt wurde.
Diesmal fehlt die amerikanische Außenministerin Condoleezza Rice. Die diente beim letzten Treffen vor drei Wochen als "Baby Sitterin". Doch auch jetzt wird sie aus der Ferne für Wohlverhalten sorgen.
Mahmoud Abbas wie Olmert treffen sich nicht, weil sie viel miteinander zu besprechen hätten und weil sie glauben, auch nur das geringste Problem aus der Welt schaffen zu können. Entsprechend haben beide Seiten schon im Vorfeld die Erwartungen gedämpft. Da es aber ohne "Gesten" nicht geht, eine Freilassung von palästinensischen Gefangenen aber undenkbar ist, solange der im Juni gekidnappte israelische Soldat Gilad Schalit nicht frei ist, wird Olmert eine Verlängerung der Öffnungszeiten des Warenterminals Karni zwischen Israel und dem Gazastreifen bis 23 Uhr täglich verkünden. Unausgesprochen bleibt, dass dieser für Gaza lebenswichtige Terminal Tage und sogar Wochen ganz geschlossen bleibt, falls es wieder zu Attacken auf den mit hohen Betonmauern und stählernen Schleusen bestückten Terminal kommt.
Abbas kommt nach palästinensischen Angaben mit leeren Händen, und sogar ohne Tagesordnung. Nicht einmal die seit vielen Monaten angekündigte "Einheitsregierung" von Fatah und Hamas kann er mitbringen, um ihr Programm zu präsentieren. Abbas hat wegen Streitigkeiten mit der Hamas die Ankündigung der palästinensischen "Großen Koalition" vertagt. Kleine Parteien und radikale Organisationen wie Dschihad Islami werden ohnehin nicht mit im Boot sitzen. "Von nationaler Einheit kann keine Rede sein. Es gibt ausreichend bewaffnete Parteien und Gruppen, die jederzeit durch Anschläge und Schießereien alle Bemühungen um eine Beruhigung der Lage zum Scheitern bringen können", sagte der israelische Palästinenserexperte Schalom Harari.
Während Abbas seit jeher die eigene Schwäche hervorkehrt, um durch Mitleid israelische und internationale Unterstützung zu erlangen, ohne für sein Nichts-Tun gerügt zu werden, ist Israels Premier auf einem historischen Tiefpunkt der Popularität in der eigenen Bevölkerung angelangt. Nur noch 1,9 Prozent aller Israelis halten ihn für den richtigen Mann auf jenem Sessel, auf dem auch schon andere gescheiterte Regierungschefs gesessen haben. Doch weder Ehud Barak nach Ausbruch der Intifada noch Benjamin Netanjahu nach einem kompletten Scheitern sanken so tief, wie Olmert heute. Infolge des als Niederlage empfundenen Libanonkriegs hat Olmert die von Vorgänger Ariel Scharon entworfenen Rückzugspläne aus dem Westjordanland über Bord geworfen. So kann er ohne jedes politische Konzept nur noch auf die Veröffentlichung eines vernichtenden Reports über seine Verantwortung für das Scheitern im Libanon warten.
Das Treffen im privaten Rahmen in Jerusalem dient also keinem Selbstzweck. Olmert will den Amerikanern einen Gefallen tun und "Bewegung" im Nahostkonflikt vortäuschen. Ein "Dialog der gemäßigten Kräfte im Nahen Osten", auch wenn er nichts bringt, vermittelt immer einen guten Eindruck. Abbas hat eher die Europäer im Blick und hofft auf eine Anerkennung seiner Einheitsregierung mit der Hamas. Obgleich die Hamas keinerlei Anstalten macht, die drei europäischen Bedingungen (Anerkennung Israels, Gewaltverzicht und Akzeptanz bestehender Verträge) anzunehmen, hofft Abbas auf ein Ende des EU-Finanzboykotts. Abbas will mit dem Gipfeltreffen mit Israels Ministerpräsident der Welt beweisen, dass er salonfähig sei und unterstützt werden sollte.
Harari liefert eine weitere Analyse: "Israel will um jeden Preis einen Zusammenbruch der Autonomie verhindern, weil es sonst wieder die ganze Last der zivilen Verwaltung der Palästinenser übernehmen müsste." Solche Treffen seien notwendig, um ein Funktionieren der Palästinenserbehörde zu garantieren, auch wenn Abbas "absolut nichts getan hat, was er versprochen hat oder von ihm gefordert worden ist."
Quelle: ntv.de