Kommentare

Zwischenruf USA fürchten um weiteren Verbündeten

Seit Wochen halten die Proteste in Bahrain an.

Seit Wochen halten die Proteste in Bahrain an.

(Foto: AP)

Saudische Truppen wollen die wackelnde sunnitische Regierung in Bahrain stärken. Denn ein Sieg der Protestierenden würde Bahrain in die Arme des schiitischen Iran treiben.

Mit dem Einmarsch saudischer Truppen in Bahrain wird in der arabischen Rebellion erstmalig eine völlig neue Facette sichtbar: Ausländische Truppen intervenieren, um einen in Bedrängnis geratenen Herrscherclan zu schützen. Das ist Panarabismus mit umgekehrtem Vorzeichen. Offiziell begründet Riad dies mit Bündnisverpflichtungen im Rahmen des Golfkooperationsrates; Kräfte aus den anderen Mitgliedsstaaten würden folgen. Das darf bezweifelt werden: Der Oman hat genug mit den Protesten im eigenen Land zu tun, als dass es größere Armeeeinheiten entbehren könnte.

Bahrain ist nicht so sehr wegen seiner immer noch beachtlichen Erdöl- und Erdgasreserven Objekt ausländischer Begierde, zumal die Ölreserven am Versiegen sind und die Gasvorräte höchstens noch ein paar Jahre reichen. Eine sunnitische Minderheit regiert wie einst im Irak über eine schiitische Bevölkerungsmehrheit. Die hat sich nicht wie in Ägypten oder Tunesien aus sozialen Not erhoben: Bahrain hat einen der höchsten Lebensstandards der Region. In dem aus 33 Inseln bestehenden Königreich im Persischen Golf haben Schiiten geringere Aufstiegsmöglichkeiten in fast allen Lebensbereichen als Sunniten. Sogar die Sicherheitskräfte rekrutieren sich zu einem nicht unbeträchtlichen Teil aus - sunnitischen! - Syrern und Pakistani.

Iranische Geheimaktionen laufen

Ein Sieg der Protestierenden würde Bahrain in die Arme des schiitischen Iran treiben und den Einfluss des Hilal al Schi’i erweitern. Mit Hilal al Schi’i, schiitischer Halbmond, umschreiben Sunniten die Furcht vor einem weiter wachsendem Gewicht der Schia, zu der sich rein numerisch nur gut 15 Prozent der Muslime bekennen. Der Iran hat in der Vergangenheit Gebietsansprüche gegenüber dem Inselstaat geltend gemacht, der über eine 25 Kilometer lange Dammbrücke mit dem saudischen Festland verbunden ist. Schwer zu beantworten ist die Frage, ob der Iran in mögliche Kämpfe zwischen Aufständischen und Invasoren militärisch eingreift. Als nahezu sicher kann aber gelten, dass die auf Geheimaktionen im Ausland spezialisierten Al-Q’ods-Brigaden der iranischen Pasdaran-Garde unter den Glaubensbrüdern aktiv ist.

Bahrain ist Hauptstützpunkt der 5. US-Flotte. Der Flottenverband ist eines der entscheidenden Instrumente US-amerikanischer Hegemonialpolitik im Nahen und Mittleren Osten. In einem überschaubaren Zeitraum wird es kaum zu einer Machtübernahme durch die schiitische Bevölkerungsmehrheit kommen. Sollten ihre Vertreter aber an der Macht in Manama beteiligt werden, würden die USA einen weiteren verlässlichen Verbündeten in der Region verlieren.

Bleskin.jpg

Manfred Bleskin kommentiert seit 1993 für n-tv das politische Geschehen. Er war zudem Gastgeber und Moderator verschiedener Sendungen. Seit 2008 ist Bleskin Redaktionsmitglied in unserem Hauptstadtstudio in Berlin.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen