
Die Organisation Campact stellte Verkehrsminister Volker Wissing bei der Kabinettsklausur in Meseberg unlängst als Klimaschutzblockierer dar.
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Die Blockade des EU-Beschlusses zum geplanten Aus für neue Verbrenner folgt keineswegs einer klimafeindlichen Ideologie. Hier geht es um Vernunft und Vertragstreue.
Die FDP ist allseits unten durch, sie verliert Landtagswahlen in Serie. Ihr Spitzenpersonal genießt, wenn überhaupt, wenig Vertrauen. Ihre Anliegen gelten als unsozial oder aus der Zeit gefallen. Sein Mütchen an der FDP zu kühlen, ist inzwischen Volkssport und Freispiel.
So auch beim EU-Beschluss, dass Pkw mit Verbrenner-Motor (Benziner oder Diesel) ab 2035 nicht mehr neu zugelassen werden dürfen. Die FDP hat die Bundesregierung gezwungen, die letzte formal dazu noch nötige Abstimmung unter den 27 Mitgliedsstaaten aufzuhalten. Dafür ist sie ungewöhnlich scharf kritisiert worden. Tenor, etwas überspitzt: Wenn die Erde im Klimatod verglüht, ist der FDP-Verkehrsminister schuld, der aus heiterem Himmel den Fortschritt blockiert.
So ein Unsinn.
Die FDP erlaubt sich lediglich, auf einer keineswegs klimaschädlichen Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag zu bestehen. Sie pocht auf Vertragstreue, wird aber mit unlauteren Mitteln in die Wiederholungsschleife der damaligen Diskussion gezwungen. In den Koalitionsverhandlungen wollten SPD und Grüne die künftige Bundesregierung darauf verpflichten, den Vorschlag der EU-Kommission zu unterstützen, für 2035 ein uneingeschränktes Verbrenner-Aus zu beschließen. Die FDP machte allerdings eines zur Bedingung, das im Koalitionsvertrag auch fixiert wurde: dass die Bundesregierung vorher bei der EU-Kommission eine Ausnahme erwirken soll, wonach Verbrenner-Motoren weiter verbaut werden dürfen, wenn sie mit CO2-neutralen Treibstoffen fahren, sogenannten E-Fuels. Ihr Argument: Nicht der Motor schadet dem Klima, das Verbrennen des Treibstoffes tut es. Wenn sich also das Problem des Treibstoffes in technologisch und industriellem Maßstab lösen ließe, wäre der Motors keines mehr. So kann man das sehen, SPD und Grüne ließen sich darauf ein. Mit den E-Fuels wird bei Flugzeugen und Schiffen ja auch fest geplant.
Trotzdem hat die EU-Kommission seither nicht einmal einen Vorschlag für diese Ausnahme geliefert. Ob die für Brüssel zuständigen Bundesministerien - einige von ihnen grün geführt - genug Druck auf die EU-Beamten gemacht haben, ist umstritten. Die FDP zog am Ende die Notbremse, aber blieb dabei eng an der alten Vereinbarung: Verbrenner-Aus mit klimaneutraler Ausnahme. Grüne oder SPD verhalten sich genauso, wenn die FDP sich an anderer Stelle weigert, den Koalitionsvertrag zu erfüllen.
Ob der EU-Beschluss, der ja nicht grundsätzlich in Frage steht, nun im März oder im Juni beschlossen wird, wird keinen messbaren Einfluss auf die Erderwärmung haben. Ebenso ist gleichgültig, ob die Prognosen einiger großer deutscher Autohersteller dieses Mal zutreffen oder nicht. Sie sagen derzeit, E-Fuels würden sie wirtschaftlich nicht interessieren. Vor nicht allzu vielen Jahren haben dieselben Hersteller freilich auch gesagt, dass E-Autos oder Batteriezellen sie nicht interessieren. Dann wurden sie von der ausländischen Konkurrenz abgehängt.
Die Antwort der FDP ist denkbar einfach und vernünftig: Lasst doch den Markt entscheiden, und das sind die Bürger, die kaufen oder nicht kaufen, sowie die Investoren, die investieren oder nicht investieren. Wenn sich E-Fuels als Sackgasse erweisen, ist nichts verloren für den Klimaschutz. Wenn sie sich als eine Teil-Alternative erweisen, wäre es ein Vorteil für Kunden und Klimaschutz gleichermaßen. Warum sollte man also einen theoretisch möglichen technischen Fortschritt von vorneherein verbieten? Und zudem noch einmal alle Eier in einen Korb legen - nämlich die gesamte Mobilität auf vier Rädern an Elektroantriebe zu knüpfen?
Die FDP und ihr Verkehrsminister mögen an anderer Stelle hinter den berechtigen Klimaschutz-Erwartungen zurückbleiben. Diesen Streit jedoch haben vor allem die Grünen mutwillig vom Zaun gebrochen, weil sie ihre Politik kompromisslos durchdrücken wollen. Der Bundeskanzler hat das einzig Richtige getan: Er hat die EU-Kommission zur Ordnung gerufen und sich ansonsten auf die Seite der FDP geschlagen.
Quelle: ntv.de