Volker Jacobs kommentiert Verwirrende Koalitionen
17.09.2008, 12:59 UhrEs gibt derzeit vier Parteigruppierungen in der Berliner Koalition. Eine Union im Bundestag und eine Union außerhalb des Bundestages. Eine SPD im Bundestag und eine SPD außerhalb des Bundestages. Die Union außerhalb des Parlaments erklärt die SPD für unzuverlässig, weshalb sie die Große Koalition nach der Wahl nicht fortsetzen will. Die im Parlament rühmt die Leistungen der Koalition, die eigentlich eine gute Grundlage für ihre Fortsetzung sein könnten. Die SPD im Bundestag, bescheinigt der Großen Koalition ebenfalls gute Arbeit, was dann auch für deren Fortsetzung sprechen könnte. Die SPD außerhalb des Parlaments, ist permanent unzufrieden, weshalb sie mit Avancen an die FDP eine andere Koalition anstrebt. Ein wenig verwirrend ist es schon.
Immerhin haben die Koalitionäre soviel Selbstdisziplin aufgebracht, den außerhalb des Parlaments schon eröffneten Wahlkampf nur in erträglichem Ausmaß in die Generaldebatte des Bundestages über den Haushalt 2009 hinein zu tragen. Der Spott des FDP-Vorsitzenden "vormittags miteinander, nachmittags gegeneinander" enthielt daher zur Hälfte eine positive Aussage. Die innerbayerische Debatte zwischen Finanzminister Huber (CSU) und dem bayerischen Abgeordneten Stiegler (SPD) muss von dieser Aussage allerdings ausgenommen werden. Aber in Bayern wird schon in zehn Tagen der Landtag gewählt.
Demonstratives Miteinander der Großkoalitionäre durfte die Opposition nicht daran hindern, deren Versäumnisse aufzuzeigen. Guido Westerwelle tat es für die FDP, Fritz Kuhn für die Grünen mit kristalliner Klarheit. Der Regierung bleibt vorzuhalten, dass sie die guten zurückliegenden Jahre nicht stärker zur Konsolidierung des Haushalts genutzt hat, nicht Vorsorge getroffen hat für schlechte Zeiten. Die aber drohen. Daraus resultieren die Zweifel, ob die das wichtige Ziel erreichen kann, der nächsten Regierung im Jahr 2011 einen Haushalt ohne Neuverschuldung zu ermöglichen.
Der letzte Haushalt, den die Große Koalition jetzt vorgelegt hat, enthält genug Risiken. Anderes als eine bessere Familienförderung ist notwendig und angekündigt, aber noch nicht etatisiert. Und über allem hängt drohend die internationale Finanzkrise mit schwer abschätzbaren Auswirkungen auf die Konjunktur in Deutschland. Da wandte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer bemerkenswert kurzen, von gemessenem Selbstbewusstsein getragenen Rede besonders ausführlich lieber der Bildungspolitik zu. Darin kann man allerdings auch ein Stück Wahlkampf sehen.
Quelle: ntv.de