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Zwischenruf Von Stabilität und Demokratie

Stabilität und Demokratie waren und sind die Hauptargumente, mit der EU, NATO und USA ihre Unterstützung für die Aufspaltung Jugoslawiens begründen. Das ist im Falle Sloweniens geglückt. In Kroatien gelang dies erst, als im Zuge der "Operation Oluja" 1995 rund 200.000 Serben aus der Krajina vertrieben wurden. Bosnien-Herzegowina ist weit davon entfernt: De Facto bestehen auf dem Territorium des Landes drei von einander unabhängige Staaten, die nur mühsam durch schlecht funktionierende föderale Organe zusammengehalten werden.

Wer geglaubt hatte, auch in Mazedonien wäre nach Beendigung der Kämpfe zwischen ethnischen Albanern und slawischen Mazedoniern 2002 Ruhe eingezogen, sieht sich getäuscht. Die Schießereien am Wahlwochenende mit einem Toten zeigen das Gegenteil. Zwar waren dies Kämpfe zwischen rivalisierenden albanischen Parteien. Doch im Norden Mazedoniens führt eine bewaffnete albanische Gruppe seit Monaten einen Kleinkrieg gegen die Regierung in Skopje. Anfang Mai versuchten Kosovo-Albaner eine größere Menge Waffen in dieses Gebiet zu schmuggeln.

Auslöser des vorzeitigen Urnengangs war die Weigerung der Regierung in Skopje, die Abspaltung des Kosovo von Serbien anzuerkennen. Die DPA, zweitstärkste albanische Partei, verließ daraufhin die Koalition. Hintergrund der Ablehnung einer "Republik Kosova" ist die unveränderte Furcht der slawischen Mazedonier, die mehrheitlich albanisch besiedelten Landesteile könnten sich der Verwaltung in Priština anschließen.

Das Kosovo bleibt auch nach der Unabhängigkeitserklärung ein gefährlicher Krisenherd. In den an Serbien angrenzenden nördlichen Landesteilen wehren sich Serben und Sinti gegen "Kosova". Nur mit Mühe können die dort stationierten NATO-Einheiten ein neuerliches Aufflammen bewaffneter Gewalt verhindern.

Animiert durch die Anerkennung der Abspaltung des Kosovo regen sich im mehrheitlich von Muslimen bewohnten serbischen Teil des Sandzak Kräfte, die weg von Belgrad wollen. Im südserbischen Presevo-Tal arbeiten albanische Gruppen auf einen Zusammenschluss mit "Kosova". In der nordserbischen Vojvodina mit ihrem hohen ungarischen Bevölkerungsanteil gewann bei den jüngsten Parlamentswahlen ein Parteienbündnis, das eine Erweiterung der bereits bestehenden Autonomie fordert.

Problematisch bleibt mit Ausnahme Sloweniens, aber auch Kroatiens und Serbiens, die Wirtschaft im ehemaligen Jugoslawien. Fast überall dominiert eine mafiöse Schattenwirtschaft, die eine echte ökonomische Entwicklung behindert. Dies gilt bedingt auch für Montenegro, das 2006 den Staatenbund mit Serbien aufkündigte.

Bis zu Stabilität und Demokratie in a l l en jugoslawischen Nachfolgestaaten ist es mithin noch ein langer Weg.

Quelle: ntv.de

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