Verhütung und Moral "Wie kam Hunger auf die Welt?"
27.01.2007, 09:19 UhrVon Hommy Dara
Eines vorweg: Jede Frau, unabhängig von ihrer Religion, ihre Haut-, Augen- oder Haarfarbe hat das Recht, selbst zu entscheiden ob sie ein Kind zur Welt bringt oder nicht. In der heutigen Welt muss man ja sogar Selbstverständlichkeiten hervorheben. Doch in unserer Gesellschaft – und damit ist die westliche Welt gemeint – hat sich eine Meinung festgesetzt, die offensichtlich auch noch als klug betrachtet wird. "Die Afrikaner sollten Verhütungsmittel nehmen, um den Hunger in ihren Ländern zu bekämpfen!", lautet eine Devise, die von Generation zu Generation weitergegeben wird. Richtig ist, dass es sehr viel Hunger in diesen Ländern gibt. Schade ist nur, wie wenig die Hintergründe dieser Misere hinterfragt werden.
Nehmen wir nur mal das uns allen bekannte Beispiel Äthiopiens. Die Armut der Bevölkerung in dem nordafrikanischen Land ist eine Schande für die gesamte Menschheit. Die G 8 Staaten haben erst kürzlich beschlossen, die Hälfte der Schulden für das Land zu erlassen. "Wie großzügig!", könnte man denken. Leider fragt sich kaum einer, wie diese Schulden entstanden sind. Für Milchpulver? Für Vitamine? Für sauberes Trinkwasser? Sicher nicht! Für Waffen kommt der Wahrheit wohl am nächsten.
Äthiopien hat die zweitgrößte Armee auf dem afrikanischen Kontinent (nur Südafrika ist stärker bewaffnet). Die Regierung in Addis Abeba kauft fleißig Flugzeuge, Gewehre, Panzer und Bomben im Westen ein, während die Bevölkerung verhungert. Wie mächtig diese Armee ist, wurde erst kürzlich im benachbarten Somalia demonstriert. Wer ist jemals dagegen auf die Straße gegangen? Wer hat jemals gerufen "Ich bin für das Leben und gegen Waffenverkäufe"? Ich kenne niemanden (und das schließt mich selbst ein).
Aber Hauptsache wir erklären unseren Kindern, dass die Afrikaner dumm sind, weil sie keine Verhütungsmittel nehmen. Die Parole lautet fast "Bitte produziert kein neues Leben, damit ihr sicher stellen könnt, unsere Waffen zu kaufen!" Das Beste daran ist: Wir halten unser Verhalten auch noch für ungewöhnlich human! Sogar für intelligent!
In seiner musikalischen Ballade "Tausend Jahre sind ein Tag" wird Udo Jürgens von einem Kind gefragt "Wie kam der Hunger auf die Welt?" In seiner Ratlosigkeit antwortet er als Vater "Dafür bist Du noch zu klein!" Tja, die Wahrheit ist eben doch eine schmerzliche Angelegenheit.
Quelle: ntv.de