Alles scheint möglich in Baden-Württemberg "Das gibt's nur einmal"
25.03.2011, 20:34 UhrSo spannend wie in Baden-Württemberg war eine Landtagswahl selten. Jede einzelne Stimme kann darüber entscheiden, wer am Sonntagabend als Gewinner oder Verlierer vor die Kameras treten wird. Ein Sieger steht allerdings schon fest.
"Die Landtagswahl am Sonntag hat das Zeug zum Straßenfeger", urteilt die Ludwigsburger Kreiszeitung, denn "noch nie in der fast 60-jährigen Landesgeschichte gab es ein solches Kopf-an-Kopf-Rennen - mit der Möglichkeit eines historischen Machtwechsels. Noch nie reichten nur wenige Prozentpunkte aus, um im einen oder anderen Lager Hochgefühle oder Panik auszulösen. Noch nie war die Stimmung so nervös. Noch nie wurden Angriffe auf den jeweiligen Gegner so persönlich und bisweilen unter der Gürtellinie geführt. Noch nie wurde das Zerrbild von Politik so scharf gezeichnet wie in den vergangenen Wochen." Auch wenn die Verlierer noch nicht abzusehen sind, ist für das Blatt schon jetzt klar, wer auf der Seite der Gewinner stehen wird: "die Demokratie. … Der massive Anstieg der Briefwähler lässt vermuten, dass der Politkrimi die Wahlbeteiligung in die Höhe treibt. Was für ein Glück!"
"Den Akteuren der Parteien ist es offensichtlich gelungen, die Menschen für eine Teilnahme zu mobilisieren." Auch das Badische Tagblatt (Baden-Baden) kürt die Demokratie schon im Voraus zur Siegerin des Urnengangs, denn "eine Wahl ist nicht nur die persönliche Entscheidung (...). Sie ist bereits ein Wert an sich. Die Aufstände in Tunesien, Ägypten oder Libyen zeigen: Demokratie ist keine Selbstverständlichkeit, sondern ein Prozess, den man anstoßen und dann immer wieder mit Leben erfüllen muss. Dazu ist jeder Wahlberechtigte aufgefordert."
"Baden-Württemberg und ein schwarzer Ministerpräsident, das gehört seit sechs Jahrzehnten zusammen, wie Äffle und Pferdle oder Linsen und Spätzle." Schon die bloße Möglichkeit, so die Südwest-Presse aus Ulm, dass der Wahlsieger möglicherweise kein CDU-Parteibuch besitzt, sei daher "eine neue Erfahrung für die meisten Wähler. Dazu kommt noch die Ungewissheit, ob Stefan Mappus die Villa Reitzenstein im Fall des Falles einem roten oder einem grünen Nachfolger zu übergeben hätte - das gibt's nur einmal im Südwesten. Überzeugte Nichtwähler, die gern behaupten, dass Wahlen sowieso nichts verändern, haben es wirklich schwer diesmal. Denn neben der personellen Alternative stehen auch in der Sache ausgesprochen unterschiedliche Entwürfe zur Wahl."
Die Süddeutsche Zeitung überlegt, welche Auswirkungen der Ausgang der Wahl auf die Bundesregierung haben könnte: "Noch kann ja alles anders kommen, Stefan Mappus Ministerpräsident und die FDP sein Koalitionspartner bleiben. Wenn aber nicht, dann ist Angela Merkel nicht mehr weit weg von Gerhard Schröder im Jahr 2005 am Abend der verlorenen Wahl in Nordrhein-Westfalen. Merkel muss, wie damals Schröder, auch in den Koalitionsfraktionen mit einer Minderheit kalkulieren, deren Stimmen einmal fehlen könnten. Guttenberg, Euro, Libyen - mancher Abgeordnete hat gar nicht so viele Fäuste, wie er in der Tasche ballen möchte."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Katja Sembritzki