Pressestimmen

"Dreister Wahlbestechungsversuch" Der SPD-Steuerbonus

Die SPD will im Falle eines Wahlsiegs einen Steuerbonus von 300 Euro für alle diejenigen einführen, die neben ihrem Lohn keine weiteren Einkünfte haben und auf eine Steuererklärung verzichten.

Die Presse hält sich in der Mehrheit mit vernichtender Kritik an der SPD und ihrem Steuerbonus-Vorschlag nicht zurück und wertet diesen als abstruse Idee und vermeintliche Wohltat, deren Ziel nur vorgeblich eine Entlastung der Steuerbürokratie sei. Stattdessen handle es sich um eine Verzweiflungstat der Sozialdemokraten, die angesichts des Umfragevorsprungs der Bundeskanzlerin mit populistischen Methoden auf Stimmenfang gehen.

"Unten geben und oben nehmen": Dieses Motto erkennt der Mannheimer Morgen hinter den SPD-Plänen und äußert sich kritisch, vor allem angesichts der Verschleierung des Quelle des vermeintlichen Geldgeschenks: "Was die Sozialdemokraten mit dem Lohnsteuer-Bonus als Steuervereinfachung verkaufen, mag zwar bei Geringverdienern gut ankommen, ist aber eine ebenso populistische Wohltat wie die ordnungspolitisch fragwürdige Abwrackprämie: Der Bürger soll glauben, er bekomme etwas vom Staat 'geschenkt', was der ihm aber auf die eine oder andere Weise ohnehin wieder aus der Tasche zieht." Zur Kasse gebeten werden sollen nun die Besserverdienenden, doch "auch beim Wähler dürfte sich inzwischen herumgesprochen haben, dass das Steuersystem selbst mit einer 'Reichensteuer' kaum gerechter wird". Das Blatt schüttelt den Kopf und fragt sich: "Wie groß muss die Verzweiflung der SPD schon sein, wenn sie auf diesen Robin-Hood-Effekt setzt, um aus ihrem Umfragetief herauszukommen?"

In diesen Tenor stimmt auch der Münchner Merkur ein, der weiß, wo es die SPD mit ihren Plänen hinführt: "Diese Tour endet nicht im Kanzleramt, sondern im Graben: Die SPD hat sich auf eine abenteuerliche finanzpolitische Geisterfahrt begeben, doch statt zu wenden, gibt die alte Tante immer noch mehr Gas." Die Zeitung zieht ebenfalls den Vergleich zur "verrückten Abwrackprämie". Nicht minder abstrus sei nun die "Idee eines Steuergeschenks von 300 Euro für all jene, die keine Steuererklärung abgeben - zum Beispiel, weil sie statt zu arbeiten dem Staat auf der Tasche liegen". "Oder lieber schwarz arbeiten." Frank-Walter Steinmeier rufe den Mühseligen und Beladenen zu: "Wählt uns, und wir schenken Euch 300 Euro." Einen dreisteren Wahlbestechungsversuch habe es lange nicht mehr gegeben, kritisiert das Blatt die Pläne und lässt kein gutes Haar an der SPD und ihrem Kanzlerkandidat. Um die Sozialdemokraten zu verstehen, müsse man "schon etwas (wahlkampf-)fiebrig sein im Kopf - oder so verzweifelt wie Frank-Walter Steinmeier angesichts des Umfragevorsprungs der Kanzlerin".

Die Landeszeitung Lüneburg reiht sich in die Reihe der Kritiker ein und erklärt das "Rennen um die platteste Wahlkampfparole" für eröffnet. Zwar habe sich die SPD "durch ihren Lohnsteuerbonus-Frühstart einen Vorsprung verschafft", dennoch würden die Mitbewerber aber nach allen bisherigen Erfahrungen mühelos aufholen. Lob hat das Blatt nur für das vorgebliche Ziel der SPD-Aktion - "die Entlastung der Steuerbürokratie, um Kapazitäten freizuschaufeln für die Fahndung nach Groß-Steuersündern der Zumwinkel-Kategorie". Legitim sei auch das tatsächliche Ziel hinter dieser Idee - das Gewinnen von Wählern. Doch in der Konsequenz sei es logisch, dass die Sozialdemokraten ihre Ziele verfehlen werden. "Die Steuerbeamten fürchten mehr Arbeit statt weniger. Der Bonus könnte von Gerichten gekippt werden, weil das Freikaufen von der Einkommenserklärung der Steuergerechtigkeit widerspricht. Und die Wähler, die der SPD Hartz IV noch nicht verziehen haben, könnten ihr den Linksruck nicht abnehmen."

"Die SPD verteilt mit dem 300-Euro-Bonus ein Wahlgeschenk an ihre vermeintliche Klientel. Von diesem Bonus würden all jene profitieren, die keine Einkommenssteuer abführen oder deren Steuerzahlungen so gering sind, dass eine Erklärung hierzu kaum lohnte", fasst der Kölner Stadt-Anzeiger zusammen und bewertet die SPD-Pläne als einen "lange eingeübten Geldverteilungsreflex eines gescheiterten Sozialstaatsverständnisses, zu dem die Partei zurückkehrt". Dafür gebe die Partei ein Ziel auf, "das vor einem Jahr zum zentralen 'Orientierungspunkt' für das Wahlprogramm 2009 erklärt worden war": Die spürbare Absenkung der Sozialabgabenlast.

"Per Postkarte soll der Verzicht auf die Steuererklärung beim Finanzamt angemeldet werden und das Amt überweist postwendend den Bonus aufs Konto. Toll", schreiben die Lübecker Nachrichten ironisch und betonen, dass der "nette Vorschlag" mehr Fragen aufwerfe, als er beantworte und nur für wenige attraktiv sein werde. Doch das fechte Wahlkämpfer Steinmeier nicht weiter an, denn: "Was zählt, ist die gute Nachricht. Bei der Abwrackprämie hat es doch auch geklappt." Das Blatt ist überzeugt: "Die Zeche zahlen später andere. Nach der Wahl." Die "flotte Forderung" sei "fragwürdig und wenig glaubhaft", weil die SPD so tue, "als wäre sie die vergangenen elf Jahre nicht mit an der Regierung gewesen". Außerdem "positioniert sie sich dermaßen weit links, auch weg von Schröders neuer Mitte, dass sie all das eigentlich nur mit Hilfe von Lafontaines Linker und der Grünen umsetzen könnte". "In einer sozial-liberalen oder einer Ampelkoalition jedenfalls nicht. In einer neuen Groß-Koalition auch nicht."

Die Süddeutsche Zeitung hingegen kann den Steuerbonus-Plänen der SPD etwas abgewinnen: "Das klingt auf den ersten Blick populistisch, macht aber auf den zweiten Blick Sinn. Denn Oben und Unten driften in der deutschen Gesellschaft immer weiter auseinander. Bestverdienern mit einem Jahreseinkommen von mehr als 250.000 Euro bei Verheirateten wird es nicht sonderlich weh tun, wenn der Spitzensteuersatz um zwei oder drei Prozentpunkte steigt." Kritik übt das Blatt aus München allerdings an der Bezeichnung: Statt "Reichensteuer", wie es die SPD nenne, was aber nur Neidgefühle schüre, könnte man von einer "Gesellschaftssteuer" sprechen. Schließlich gehe es darum, "den Zusammenhalt der Gesellschaft wieder zu verstärken", woran auch Bestverdiener ein Interesse haben sollten "- zumal nach dieser Krise, die vor allem die Mittel- und Unterschicht trifft".

Zusammengestellt von Nadin Härtwig

Quelle: ntv.de

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