Auktion der Superlative "Der Schrei ist unbezahlbar"
03.05.2012, 21:51 Uhr
Sotheby's versteigert ein Bild von Edvard Munch für den Rekordpreis von 120 Millionen Dollar. Das Auktionshaus schreibt damit ein Stück Kunstgeschichte. Und was schreibt die Presse über die Versteigerung der Superlative? Manch ein Blatt hält den Preis für zu niedrig.
Die Frankfurter Allgemeine findet, dass es "einleuchtende Gründe" für den hohen Auktionspreis gibt: "Im Fall des 'Schreies' lässt sich exemplarisch erkennen, dass Preise in diesen Regionen keinesfalls unerklärlich sind - und im Kern gar nicht irrational, selbst wenn das Bietgefecht eigene emotionale Spielregeln hat, die einen letzten Ausschlag geben können." Das Bild ist laut der Zeitung eine Ikone. "Es ist im allgemeinen Gedächtnis verankert, auf der ganzen Welt, und es stellt eine humane Verfasstheit dar, die der existenziellen Angst und Verstörung, die selbsterklärend sind, über alle Grenzen hinweg."
Auch die Leipziger Volkszeitung verwundert der gewaltige Betrag, den ein Bieter für das Munch-Bild zahlen will, nicht. "Das Besondere am 'Schrei' ist nicht die märchenhafte Summe, die wahrscheinlich aus Katar nach Norwegen fließt (…). Das Besondere an diesem Bild ist, dass der Maler eine Vision malte, die all die Verwerfungen, Ängste, Schrecken eines Jahrhunderts bündelt; die Kriege überschatten dieses Bild, unsere selbstzerstörerische Ausbeutung der Ressourcen." Insofern kann laut der Volkszeitung kaum ein anderes Werk einen Rekordpreis so umfassend rechtfertigen, wie es dieses vermag. "Und darum gilt für Edvard Munchs "Der Schrei" erst recht, was für jedes Meisterwerk gilt: Es ist unbezahlbar - jedenfalls mit Geld."
Ähnlich urteilt auch die Märkische Oderzeitung, kommt letztlich aber doch zu einem anderen Schluss. "Wie viel ein Munch, Picasso oder Cézanne wirklich wert ist, lässt sich objektiv nicht ermitteln", schreibt das Blatt. "Die Fantasie diktiert den Preis." Die Zeitung benennt aber eine Kehrseite derartiger Auktionen. Museen können "bei den aufgerufenen Preisen in der Regel nicht mehr mitbieten". Explodierende Versicherungskosten führten zudem dazu, dass Meisterwerke der Kunstgeschichte immer schwerer für Ausstellungen auszuleihen sind.
Das Flensburger Tageblatt hingegen macht sich weniger Sorgen um die Museen und ihre Besucher. Die Zeitung bangt um den Bieter. "Dass der Kunstmarkt in Zeiten unsicherer Investments wie ein Hort der Glückseligen erscheint, lässt ihn selbst für Menschen, die mit Kunst eigentlich gar nichts anfangen können, zur attraktiven Spielfläche werden. Die kann sich aber als sehr glatt erweisen." Denn laut dem Blatt ist es nicht ausgemacht, dass der neue Besitzer des Munch-Gemäldes bei einem denkbaren Weiterverkauf annähernd die Summe wieder erzielt, die er in der heißen Bieterschlacht gezahlt hat. "Am Ende könnte ihm nur das Bild bleiben. Ein Verlust ist das aber nur, wenn er keinen Sinn für den wahren Wert des Werkes hat. Denn Kunst misst sich nicht an Geld."
Quelle: ntv.de, zusammengestellt von Thomas E. Schmitt