Pressestimmen

Die Rentenpläne der Bundesregierung "Die Rechnung wird noch kommen"

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Die Reformpläne der Großen Koalition werden die Rentenkasse bis 2020 mit Mehrausgaben von 60 Milliarden Euro belasten. Das geht aus dem Gesetzentwurf von Arbeitsministerin Nahles hervor. Sowohl in den Reihen der Opposition als auch bei den Vertretern der Wirtschaft stößt das Vorhaben auf Widerstand. Auch die Kommentatoren der deutschen Tageszeitungen üben geschlossen Kritik.

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(Foto: dpa)

Der Münchner Merkur bemängelt die fehlende Geschlechtergerechtigkeit von Nahles Rentenplänen: "Die Neuregelung nützt vor allem Facharbeitern. Frauen dürften dagegen in der Regel leer ausgehen. Derzeit erfüllt nur jede siebte Neurentnerin die Voraussetzungen. Die Rente mit 63 verschärft aber auch den Fachkräftemangel, weil gut ausgebildete Beschäftigte künftig wieder früher in den Ruhestand gehen."

Die Aachener Zeitung sieht die Beitragszahler von den Plänen der Bundesregierung über die Maßen geschröpft. Zwar seien die Ziele des Gesetzesentwurfs an sich nicht zu kritisieren, doch müssten solche politischen Ziele auch "aus der politischen Kasse" bezahlt werden. Den Beitragszahlern dürfe man nicht aufbürden, "was alle - also auch Beamte, Selbstständige, Abgeordnete, Minister - zu tragen hätten".

"Dieses Vorhaben macht alle bisherigen Anstrengungen für ein langfristig finanzierbares Rentensystem zunichte", kommentiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung die Rentenreform der Großen Koalition und betont, dass die folgende Mehrbelastung teurer sei als die Entlastung durch die Rente mit 67, "für die eine frühere große Koalition noch kämpfte". Heute sähen Union und SPD keine Gefahr einer neuen Frühverrentungswelle, schreibt die Zeitung weiter und stellt dem entgegen: "Doch die Rente mit 63 ermöglicht es einem Viertel eines Jahrgangs, vorzeitig ohne Abschläge in Rente zu gehen." Das sei in Zeiten des demografischen Wandels "ein fatales Signal an Arbeitnehmer und Arbeitgeber".

Die Süddeutsche Zeitung äußert sich bestürzt über Nahles' Gesetzentwurf: "Eigentlich will man es gar nicht wahrhaben. Kaum sind Union und SPD in der Regierung, ist der erste Gesetzesentwurf für das Rentenpaket geschnürt - frei nach dem Spruch "nach mir die Sinnflut". Die Koalitionäre wollen tatsächlich bis 2030 den ungeheuren Betrag von rund 160 Milliarden Euro für ein paar Verbesserungen bei der Rente ausgeben. Die allermeisten Bürger finden das gut. Doch die Rechnung wird noch kommen. Da muss man, wie es der frühere SPD-Chef Franz Müntefering so schön formuliert hat, "keine Mathematik studiert haben, da reicht Volksschule Sauerland": Die Jungen müssen für die Wohltaten der großen Koalition noch teuer bezahlen."

Die Frankfurter Rundschau glaubt nicht, dass die Rentenmehrausgaben in Milliardenhöhe bei denen ankommen, die sie wirklich brauchen: "Seit Jahren wird in Deutschland über die drohende Altersarmut diskutiert. Nun legt die große Koalition ihr Rentenpaket vor, das bis 2020 schwindelerregende 60 Milliarden Euro verschlingen wird. Doch bei den wirklich Bedürftigen landen davon gerade einmal 4,3 Milliarden. Das nämlich ist der mickrige Betrag, den Schwarz-Rot für dringend erforderliche Verbesserungen zugunsten von Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen tatsächlich nicht mehr arbeiten können, lockermacht. Die von echter Not bedrohten Erwerbsgeminderten haben eben keine Lobby. Genauso wenig wie alleinerziehende Verkäuferinnen, Langzeitarbeitslose oder prekäre Solo-Selbstständige, für die das Alter nur die Grundsicherung bereithält. Stattdessen bedienen Union und SPD ihre Klientel - ältere Mütter und Facharbeiter."

Auch die Senioren würden von den kostspieligen Rentenplänen kaum profitieren, meint die Heilbronner Stimme: "Viele Freunde werden sich die neue Regierung und ihre Arbeitsministerin mit ihrem Rentenkurs nicht machen. Den begünstigten Senioren wird auffallen, dass für sie nur ein bescheidenes Plus herauskommt, in Summe aber die Rücklagen beim Altersgeld schneller verdunsten, als man in Berlin 'Plünderung der Rentenkasse' buchstabieren kann. Die Finanzierung der neuen Leistungen aus der Rentenkasse heraus ist besonders unsozial. Es geht nur darum, die daraus entstehenden Schulden und damit Steuererhöhungen zu verschleiern. Die Grünen haben schon recht: Welches Heu will die große Koalition denn zu Gold spinnen, um das alles zu finanzieren?"

Zusammengestellt von Aljoscha Ilg.

Quelle: ntv.de

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